Kritik zu Gemini Man

© Paramount Pictures

Ang Lees stümperhaft geschriebener und zäh inszenierter Thriller taugt nur als 3D-Leistungsschau

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Kaum hat man die 3D-Brille auf der Nase, wähnt man sich im Flatscreen-Showroom eines Medienmarkts: Die eigens zu Demozwecken produzierten Bilder mit ihren zigtausend Pixeln sind schärfer, knackiger, farbenprächtiger als gewöhnlich – einerseits hyperreal, andererseits nicht von dieser Welt. Man bestaunt sie für ihre technische Brillanz, für ihre Makellosigkeit. Aber schnell offenbart sich darin auch eine gewisse Leere. Es macht eben keinen Spaß, die Grashalme zu zählen, wenn auf der Wiese sonst nichts los ist.

»Gemini Man« ist ein Film gewordener Showroom, eine Leistungsschau des im 3D-Geschäft aktuell Möglichen. Ang Lee, schon bei »Life of Pi« und »Die irre Heldentour des Billy Lynn« als Innovator des dreidimensionalen Erzählens gefeiert, kapriziert sich vollends aufs kameratechnische Muskelspiel. Er zeigt, wie herrlich Glasscherben klirren, Luftblasen blubbern, Flammen züngeln und Laserstrahlen blitzen können. Er zelebriert ungemein physische Motorrad-Verfolgungsjadgen durch die Straßen von Kolumbien, brillant illuminierte Bauwerke in Budapest, explosive Straßenschlachten in den USA.

Doch ganz gleich, wie vielschichtig er die Bilder auch staffelt, wie scharf die Ebenen sein mögen: Tiefe erreicht er damit nicht. Im Gegenteil. In visueller Hinsicht wirkt das neuartige High-Framerate-Verfahren mit 60 statt 24 Bildern pro Sekunde sogar wie ein Rückschritt. Die Optik ist näher am Video als am Kino: scharf, aber klinisch, flimmerfrei, aber steril.

Und die Geschichte? Wirkt eher wie ein Vorwand, um sich von einem 3D-Schmankerl zum nächsten hangeln zu können. Dabei hätte man von einem so klugen, für seine differenzierte Figurenzeichnung bekannten Regisseur wie Lee durchaus erwarten dürfen, dass er die Prämisse des Drehbuchs für einen Diskurs über Identität und Moral nutzt. Die Story des von Will Smith routiniert verkörperten Elite-Scharfschützen, der sich nach seinem 72. Auftragsmord endlich zur Ruhe setzt, dann aber vom eigenen Klon quer durch die Welt gehetzt wird, thematisiert erst gar nicht die komplexeren Fragen, die sich aus einer solchen Begegnung ergeben. Der halb so alte Junior wird schließlich ebenfalls von Will Smith »gespielt« bzw. von CGI-Hundertschaften so lange bearbeitet, bis er wie der Held eines modernen Computerspiels aussieht: erstaunlich realistisch, aber am Ende trotzdem wie ins Bild hineintransplantiert.

Eine Ansammlung von Klischees wie der gierig-grimmige Gegenspieler (Clive Owen), die burschikose Partnerin (Mary Elizabeth Winstead) oder der für den Comic-Relief zuständige asiatische Sidekick (Benedict Wong) wären in einem gut gebauten Genrestück durchaus in Ordnung gewesen. Das seit über zwanzig Jahren in Hollywood kursierende Skript begnügt sich jedoch mit einer äußerst simplen, inzwischen kaum noch zeitgemäßen Konstruktion, die obendrein wenig Wert auf innere Logik legt. In Zeiten cleverer Killerkost wie »John Wick« oder »Killing Eve« ist das einfach zu wenig.

Meinung zum Thema

Kommentare

Endlich mal ein Film, für den es sich absolut gelohnt hat, mal wieder ins Kino zu gehen, natürlich in genialem 3D. Zwar wurde er nur in 48 fps gezeigt, aber die Bilder, die Aktionszenen und das 3D Erlebnis konnte kaum besser sein. Lediglich ein paar mehr Popouts hätte ich mir gewünscht.
Ich kann die vielen negativen Meinungen über 3D nach wie vor nur mit den Worten begründen: "Leute, Ihr habt den falschen 3D Fernseher oder schaut einfach die falschen, schlecht umgesetzten Filme."

An sich eine tolle Story, in der man sich meiner Meinung nach mit der Darstellung des "CGI-Hundertschaften so lange bearbeiteten Klons", etwas weit aus dem Fenster gelehnt hat. Es wirkt einfach zu künstlich, die Animationen sind mittlerweile schon sehr gut, jedoch von echten menschlichen Gesichtszügen leider noch meilenweit entfernt.
Das heisst jetzt nicht dass der Film grundsätzlich schlecht war, die Story war packend und kurzweilig mit tollen Effekten. Die Darstellung des jüngeren "Junior" hakt jedoch an der gewollten, jedoch nicht vorhandenen Perfektion in den Nahaufnahmen.

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