Kritik zu Free Fire

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Schnauzbärte und Schulterpolster: Ben Wheatley verneigt sich in seinem neuen Film vor dem Actionkino der siebziger Jahre und lässt einen Waffendeal in eine blutige Auseinandersetzung münden 

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Ein Waffendeal wird in einer verfallenen Fabrikhalle abgewickelt. Zu den zwei Käufern und den zwei Verkäufern gesellen sich auf jeder Seite noch ein Vermittler sowie jeweils zwei Männer, die die Ware transportieren. »Free Fire« ist ein Kammerspiel, das – nach knapper Einleitung – die Einheit von Raum und Zeit wahrt. Es handelt von einer Transaktion, die schnell und problemlos über die Bühne gehen sollte, dann aber zu einer bleihaltigen Auseinandersetzung eskaliert.

Optisch und akustisch könnte man den Film für eine Variation des Finales von Sam Peckinpahs »The Wild Bunch« halten, ein Meisterwerk des Filmschnitts. Hier aber werden die damals relativ klaren Fronten unterminiert, denn den Beteiligten ist zuzutrauen, dass sie für Geld die eigenen Leute verraten – zumal später noch ein Scharfschützenduo auftaucht, von dem man nicht weiß, in wessen Auftrag es handelt.

Die Käufer sind offenbar von der IRA, die Verkäufer stehen unter Leitung von Vernon (Sharlto Copley), dessen südafrikanischer Akzent einmal mehr für Komik sorgt. Komik ist überhaupt das vorherrschende Merkmal des Films. Coole »Oneliner« überlagern das blutige Geschehen, in dem nur einer der Beteiligten sofort tot ist. Die anderen machen, mehr oder weniger stark verwundet, immer weiter. Einer, bei dem es aussah, als hätte es ihm das Gehirn weggefetzt, greift später wieder ins Geschehen ein. Spätestens da gibt sich der Film als »Live-Action-Comic« zu erkennen, unterstrichen nicht nur durch die schnelle Schnittfolge, sondern auch durch eine höchst bewegliche Kamera, die nah dran ist am Geschehen.

Emotional wird der Zuschauer jedoch auf Distanz gehalten. Große Sympathien empfindet er nicht, vielleicht für die einzige Frau (Brie Larson), weil sie sich in dieser Männerwelt zu behaupten weiß, vielleicht auch für Armie Hammers Ord, weil er so cool ist. Ansonsten erregen die Figuren wohl eher Antipathie wie der überdrehte Junkie Stevo (Sam Riley), dessen Taten vom Abend zuvor den Auslöser des Zwists bilden.

Die Geschichte spielt in Boston 1978 (wurde aber in einer Lagerhalle im britischen Brighton gedreht), entsprechend sind – wie schon in Ben Wheatleys vorangegangenem Film »High-Rise« – die siebziger Jahre präsent, in Schnauzbärten, in der Kleidung (wo schon mal eine Kugel größeren Schaden im Schulterpolster hinterlässt als im Mann, der darin steckt) und in der Songauswahl.

Konzipiert als eine Verneigung vor den Actionreißern dieser Zeit, etwa John Carpenters »Assault on Precinct 13«, verbindet Wheatleys Film einmal mehr Genremuster mit Momenten von drastischer Gewalt und Humor. Würde man den Film ohne Vorwissen und in Unkenntnis der Darsteller sehen, könnte man glauben, man habe es mit einem jener zahlreichen Nachwuchsfilme zu tun, die den Videomarkt in der Nachfolge von Quentin Tarantinos Frühwerk überschwemmten. Unterhaltsam ist »Free Fire«, keine Frage, aber wer die Originalität von Wheatleys vorangegangenen fünf Filmen schätzt, darf schon ein wenig enttäuscht sein.

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