Kritik zu Feinde – Hostiles

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Ein tougher Captain der US-Army, ein alter Cheyenne-Häuptling und ein Trupp Soldaten auf gefährlichem Weg: Die Zutaten von Scott Coopers Western sind klassisch, die Umsetzung ist eher ungewöhnlich

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Es ist eine furiose, erschütternde Eingangssequenz: Ein Mann steht in weiter, wunderschöner Landschaft vor einem Blockhaus und sägt Holz, drinnen gibt seine Frau den Töchtern gut gelaunt Schulunterricht. Ein Bild des Friedens. Der aber wird jäh zerstört, als eine Gruppe Indianer am Horizont auftaucht und rasch näher kommt, in blutroter und schwarzer Kriegsbemalung. Dann geht alles sehr schnell: Ein Inferno bricht los, eindringlich wie wenige Szenen anderer Western.

Scott Cooper malt wahrlich nicht das romantische Bild vom edlen Wilden nach. Die Komantschen, die im Jahr 1892 – nach dem Ende der Indianerkriege – nur noch in kleinen Gruppen die Prärie unsicher machen, verschonen selbst Frauen und Kinder nicht. Klar ist aber auch von Anfang an, dass die Weißen die Spirale der Gewalt in Gang gebracht haben. Leidtragende sind in »Hostiles« letztlich alle. Es ist kein Film über Helden, sondern über Menschen, die traumatisiert sind, durch erlittene wie durch verübte Gewalt. Deren Dynamik betrachtet Cooper in verschiedenen Spielarten, von der Selbstverteidigung über die Vergeltung bis zum sadistischen Exzess. Cooper führt damit die Themen seiner vorigen Arbeiten »Auge um Auge« und »Black Mass« konsequent fort, erzählt nun aber sehr beharrlich, stellenweise leider auch sentimental, von den Möglichkeiten der Versöhnung.

Einer der Traumatisierten ist der US-Captain Joseph Blocker, der viele Freunde im Krieg verloren hat und im Ruf steht, nicht nur ein fähiger Offizier, sondern auch ein Schlächter zu sein. Christian Bale spielt den erbitterten Indianerhasser großartig, mit Mut zum Abstoßenden, aber immer sichtbar bleibender Verletztheit, so dass die spätere Wandlung seines Charakters durchaus glaubwürdig ist. Blockers indianisches ­Spiegelbild, ebenfalls Gezeichneter und Täter, ist der alte Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi), der seit sieben Jahren in Gefangenschaft lebt und dem nun erlaubt wird, auf dem Stammesgebiet zu sterben – er ist krebskrank. Ausgerechnet Blocker soll dem Cheyenne und seiner Familie Geleit geben. Nur mit schwerer Erpressung bringt sein Vorgesetzter ihn dazu, sich mit den Schutzbefohlenen sowie wenigen Soldaten auf den gefahrvollen Weg nach Montana zu machen.

Unterwegs kommen sie zum Schauplatz des Massakers vom Filmbeginn und bergen die vor Trauer halb wahnsinnige Mutter aus den Trümmern ihres verbrannten Hauses. In ungewöhnlicher Ausführlichkeit und Intensität stellt Rosamund Pike ihre Verzweiflung und ihren Hass dar. Gleichwohl wird ausgerechnet sie auf dem weiteren Weg für den Prozess der Verständigung innerhalb der Gruppe ausschlaggebend sein, als der äußere Druck wächst. Denn die Komantschen verfolgen nun auch Blockers Trupp.

Scott Cooper geht souverän mit den klassischen Western-Topoi und -bildern um, greift Motive von John Fords Kavalleriewestern über Aldrichs »Ulzana« bis hin zu »Meek’s Cutoff« von Kelly Reichardt auf, um die von Gewalt gezeichnete Seele des Genres gleichsam von innen heraus zu therapieren. Er lässt seinem Kameramann Masanobu Takayanagi Raum für prächtige Landschaftspanoramen wie für erdig-realistische Nahaufnahmen, die auch dank der detailverliebten Ausstattung und der gewissenhaften Wiedergabe von Sprache und Ritualen der Cheyenne überzeugen. Gerade weil die Inszenierung über weite Strecken von elegischer Ruhe geprägt ist, wirken die Einbrüche von Gewalt umso brutaler und sinnloser. Gelungen ist es Cooper auch, die Verbrechen und den Rassismus der Weißen gegen die indigene Urbevölkerung als Fundament der Gewalt herauszustellen.

Leider verzettelt sich das Drehbuch in der zweiten Hälfte der Reise. Zu viele Nebenstränge, in denen zu viele Figuren in zu viele Versöhnungsgesten verwickelt werden, führen zur zähen Übererfüllung der Mission, bevor der Film im Finale wieder so wortkarg wie kraftvoll wird. Gut getan hätte insgesamt weniger Ostentatives und die Konzentration auf weniger, dafür feiner ausgestaltete Figuren – allen voran etwa der alte Cheyenne.

Meinung zum Thema

Kommentare

Für mich ist es einer der besten Western die es gibt ,erschüternd und nachdenklich aber hervoragend gemacht mit sehr guten Schauspielern

Ich bin fassungslos. Völkermord wird verharmlost zu rührseliger den Masssenmord an den Indianern rechtfertigende Filmscheisse. Diese Pseudoausgewogenheit "ja, ja, es gab Grausamkeiten auf beiden Seiten" ist nix als menschenverachtende denkfaule Verlogenheit. Solange die USA ihre Schweinebackengeschichte nicht gründlich aufarbeiten sind solche Filme nichts als Verbrechen rechtfertigende Machwerke. Eigentlich schade daß die Komantschen so wenige von den verlogenen Christen (diese Perversen die mit der Bibel in der Linken und dem Gewehr in der Rechten Verbrechen über Verbrechen begangen haben) erwischt haben. Eine Figur wie den US-Captain Joseph Blocker zu erfinden, der traumatisiert ist - natürlich nicht ob der eigenen Verbrechen. Damit verrät sich die rassistische Haltung dieses doofen Filmes ziemlich klar.

Der Film sollte zwei mal gesehen werden um die Feinheiten und Zusammenhänge alle klar aufnehmen und erkennen zu können.

Eine wahrlich grandiose Darstellung, herausragend inszeniert und gespielt.
Mich hat der Film sehr bewegt, nur selten habe ich so große Filmkunst gesehen.

Die Darstellung der Veränderung, der Annäherung, des sich verändernden Horizonts aber auch der Wünsche und Hoffnungen, für die letztlich die traumatisiert aufgefundene Frau eines gnadenlosen Massakers auslösend ist: Beide Seiten erkennen in ihr auch ihre eigenen Verluste und Traumatisierungen, beide Seiten zeigen offen Respekt, Fürsorge und Hilfsbereitschaft für einen Verlust den sie selbst so gut verstehen, weil sie vergleichbare Verluste ebenfalls hatten, der Frau gegenüber, so verschwimmen plötzlich die Grenzen die vorher so klar und hart zu sein schienen und es entsteht, noch ganz zart, Platz für Annäherung und Verständnis.

Es wird Fürsorge gezeigt, diese verändert nach und nach die Stimmung, plötzlich gibt es einen Grund eine sensible Seite zu zeigen, ohne schwach zu wirken.
Mit dieser unerwarteten Sensibilität und Fürsorge, entstanden aus den unterschiedlichsten Traumata und dem daherrührenden gegenseitigen Verständnis verändert sich die ganze Stimmung und Darstellung.
Es werden auch die eigenen Ängste und Hoffnungen, wenn auch sehr, sehr leise, dargestellt. Aus Feinden werden erst Verbündete im tödlichen Kampf gegen einen gemeinsamen unerbittlichen Feind, nach und nach wächst das Verständnis.

Nach einem erneuten schweren Verlust für Blocker in dem seine Traumata und seine Trauer ihn nahezu überwältigen und an eine Grenze bringen die er kaum noch aushalten kann, erfährt er stilles Verständnis und Trost bei der Frau die er zuvor gerettet hatte - so wird auch ihm eine Art der "Rettung" und "Erlösung" zuteil, sehr versteckt, aber deswegen nicht weniger emotional, gradezu eine Katharsis, die Eröffnung einer bis dahin nicht erwarteten Möglichkeit die Linderung in Aussicht stellt, und Verständnis.

"Mit dir stirbt auch ein Teil von mir." Hört man Blocker sagen, das Ende einer, seiner persönlichen, Ähra - der Häuptling als Feindbild Blockers, mit dem er seinen Frieden gemacht hat. Sein letzter Auftrag, mit dem er in den Ruhestand, den Frieden, entlassen wird – selbst noch etwas verloren, weil er bisher kaum etwas anderes kannte.
Er gibt den Kampf auf, reicht das Buch von Caesar an den Jungen weiter, ein Zeichen von Frieden, auch innerem, und Versöhnung, auch mit sich selbst und dem eigenen Schicksal.

Allein und etwas verloren steht zum Schluss er auf dem Bahnsteig, nachdem die Frau sich mit Tränen in den Augen verabschiedet hatte – sie hatte sich längst an ihn, ihren Retter, gebunden, gut zu sehen, als sie nicht in den Annehmlichkeiten der erreichten Stadt bleiben möchte, sondern ihm lieber folgt, ihm damit ihr tiefes Vertrauen ausspricht.
Und auch schon zuvor, als der General sie fragte :“Darf ich Ihnen helfen?“ Und sie ihm den Hut reichte, nicht wie Blocker, der ihr zuvor schon hatte helfen dürfen – Trauma und Rettung verbinden beide Leben untrennbar.
Auch nach der Verschleppung durch die Fallensteller ergreift sie die Hand ihres Retters, die innere Verbundenheit wird stumm und doch ausdrucksstark dargestellt.

Das leise und, wie ich finde, wahnsinnig gefühlvolle Ende, das Hoffnung und den Wunsch nach Frieden, Liebe, Verständnis, und irgendwie auch Erlösung darstellt erinnerte mich beim zweiten ansehen an den, ebenfalls herausragenden, Film "Das Leben der Anderen" - ebenso leise wie emotional ist auch dieser, ich erkenne beim genauen Hinsehen viele Gemeinsamkeiten die mich beide sehr berührt haben.

Für mich sind beide Filme herausragende Meisterwerke die an emotionaler Tiefe kaum zu überbieten sind und öfter gezeigt und gesehen werden sollten – Vielen Dank dafür!

Ein seltener Edelstein unter den Neowestern. Hier werden oftmals nur die Auswirkungen von überbordenden Gräueltaten wie Vergewaltigungen gezeigt, neben ergreifenden Emotionen, die so eine noch tiefgehendere Wirkung erzielen. Beide Aspekte werden dann durch niveauvolle Dialoge und ständig steigender Spannung zu einem überraschenden und doch zufriedenstellenden, optionalen Happy End geführt.
Captain Joe Blocker (Christian Bale), war früher einmal nicht gerade ein Freund der Indianer. Jetzt soll er als letzten Auftrag den kranken Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi) und seine Familie nach Montana begleiten. Unterwegs treffen sie auf Rosalee Quaid (Rosamunde Pike), deren Familie von den Komantschen umgebracht wurde. Kurze Seelenpflege für alle bei Lagerfeuerromantik, bis die Realität wieder gnadenlos zuschlägt. Der Trupp wird von weißen Trappern überfallen, die Frauen vergewaltigt. Und zwar sowohl Rosalee als auch die Frau des Häuptlings Elk Woman (Q’orianka Kilcher). Weiße und Rothäute werden gleichermaßen zu Leitragenden. In Gesprächen unter den Soldaten als auch beim Dinner der Offiziere werden die Vergehen der Weißen an den Indianern von allen rückhaltlos kritisiert. Zwischen Joe und Rosalee entwickelt sich allmählich ein Vertrauensverhältnis, das durch das warmherzige Cameo von Leutnant Ross (Peter Mullen) noch vertieft wird. Auch das Verhalten zwischen Elk Woman und Rosalee, sowie das zwischen Yellow Hawk und Joe bekommt menschliche Züge des gegenseitigen Verstehens. Der Häuptling ‘Danke für deine Güte. Dein Geist ist für immer in meinem Innern.‘ Später erwidert Joe ‘Ein Teil von mir stirbt mit dir.‘
Rosamunde Pike beweist hier wieder einmal ihre schauspielerische Wandlungsfähigkeit: nach der Welt der Jane Austen, in die Welt der griechischen Mythologie, wo sie ganz handfest und brachial gegen den Zorn der Titanen kämpft und jetzt im Wilden Westen.
Der Plot findet seinen dramaturgischen Höhepunkt, wenn beim Begräbnis von Yellow Hawk ein weißer, rassistischer Großgrundbesitzer Joes Truppe von seinem angeblichen Land zu vertreiben versucht, obwohl Joe ein Schreiben des amerikanischen Präsidenten vorweisen kann. Alle Beteiligten zielen mit Colt und Gewehr auf einander…
Für das Ende hat Newcomer Regisseur Scott Cooper noch ein Schmankerl für Happy End Fetischisten: lange Einstellung von Joe und Rosalee am Bahnhof: fast wortlos, nur Sphärenklänge, Rosalee verdrückt ein Tränchen. Die Zuschauer suchen die Taschentücher…

Hat es 1892 wirklich noch derartige blutige Zwischenfälle zwischen Indianern und weißen Siedlern gegeben?

1892 gab es keine freien Indianergruppen mehr, keine Kommantschen überfielen Farmen, das war vllt noch Anfang der 1880er der Fall, aber nicht nach 1890. Geronimo war der Letzte, der in die Reservation ging. Historisch ist der Film nicht korrekt. Und wenn Bales Charakter was von seinen toten Kameraden in Wounded Knee faselt, setzt das den ganzen die Krone auf, dort wurden 1890 in einem unfassaberen Massaker Frauen und Kinder von der US Army niedergemetzelt. Verlogener Film, der sich einen Dreck um historische Zusammenhänge schert.

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