Kritik zu Eltern

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Eine Familie muss sich neu aufstellen im neuen Film von Robert Thalheim (»Netto«): Er will zurück in seinen alten Beruf als Theaterregisseur – und sie kommt nicht aus ihrem heraus

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»Du weißt ja, dass wir alle neidisch sind auf deinen tollen Mann«, sagt eine der Mütter auf dem Kindergeburtstag zu Christine (Christiane Paul). Konrad (Charly Hübner) schmeißt die Party, tollt mit den Kindern in selbstgebas­telten Kostümen herum. Christine lächelt wissend, aber irgendwie auch gequält. Vielleicht weil Familie nicht so ihr Ding ist oder weil sie weiß, was auf sie zukommt. 

Denn in der folgenden Woche, deren Tage wie Kapitel den Film strukturieren, wird das Paar mit den beiden Töchtern Emma und Käthe auf eine Zerreißprobe gestellt. Konrad will nach den Jahren, in denen er sich um Kind und Haushalt gekümmert hat, wieder zurück in seinen Beruf als Regisseur, hat von einem Freund die Regie einer »Nibelungen«-Inszenierung übertragen bekommen, in einem eher kleineren Off-Theater. Christine ist Ärztin, Anästhesistin, eingespannt bis zum Äußers­ten und macht sich Hoffnung auf eine Beförderung zur Oberärztin.

Keine "normale" Familie also, eher Kreuzberger oder Prenzlauer Szene und eher alternativ als bürgerlich. Im Auto laufen die Goldenen Zitronen, und wenn die Kleine mal während der Fahrt muss, dann tut’s auch die Tupperdose. Es gehört aber zu den Stärken des Films von Robert Thalheim, dass er sich ganz im Hier und Jetzt bewegt, nie irgendwelche Ideale mit der Gegenwart konfrontiert oder die Vergangenheit aufwärmt. Die taucht immer nur en detail auf, etwa wenn wir erfahren, dass Christine ein zweites Kind eigentlich gar nicht wollte.

Nun, es funktioniert überhaupt nicht mit Konrads Neustart in den Beruf und dem Relaunch des Familienlebens. Das aus Argentinien eingeflogene Au-pair-Mädchen ist schwanger, so stellt sich heraus, und mehr mit sich selbst beschäftigt denn eine Hilfe für die Familie; Christine kann sich nicht aus den Zwängen ihres Berufes befreien und Konrad sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren – bis er irgendwann ins Theater zieht.

Einmal wirft ihm der renitente Hauptdarsteller seiner Inszenierung »Lindenstraßenhaftigkeit« vor. Das Seifenopernmäßige ist »Eltern« aber fremd, dieser Film sucht nicht die Probleme, er findet sie einfach. Zerfallene Familien haben ja gerade Konjunktur im deutschen Film, aber anders etwa als im stilisierten »Draussen ist Sommer«, der manchmal wie ein Horrorfilm wirkt, konzentriert sich Thalheim ganz auf die Mechanik des Alltags, vermeidet allzu eindeutige Schuldzuweisungen. Was natürlich auch an der Interpretation durch die beiden großartigen Hauptdarsteller wie an den Kinderdarstellern liegt. Denn man spürt bei den vieren immer, dass es bei allen Konflikten doch so etwas wie einen Zusammenhalt gibt. 

Vielleicht ist das Au-pair-Mädchen aus Argentinien ein bisschen zu hübsch und zu desinteressiert und vielleicht versagt Christine ein bisschen zu demonstrativ im Haushalt und an der Kinderfront: Aber dennoch kommt »Eltern« weitgehend ohne Formelhaftigkeit aus.

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