Kritik zu Ein riskanter Plan

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Asger Leth konfrontiert sein bodenständiges Heistmovie mit luftigen Verschwörungsszenarien und legt so mit den Mitteln des Genrekinos die Widersprüche und Abgründe der heutigen Wirklichkeit frei

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Man on a Ledge – dieser nüchterne, eine Situation beschreibende Originaltitel bringt Asger Leths Thriller auf so simple wie grandiose Weise auf den Punkt. Ein Mann steht in der 21. Etage des berühmten Roosevelt Hotels in New York auf dem Sims. Unterdessen sammelt sich weit unter ihm auf den Straßen Manhattans eine riesige Menschenmenge an und wartet darauf, dass etwas passiert, dass er endlich springt, während sie dabeistehen und starren: der Selbstmord eines Fremden als großes Livespektakel.

Ein Mann auf einem Sims ist natürlich auch ein Mann am Abgrund. Einst war NickCassidy (Sam Worthington) ein Polizist, einer von New York’s Finest. Doch dann wurde er beschuldigt, dem Immobilienmagnaten David Englander (Ed Harris), für den er aushilfsweise als Bewacher gearbeitet hat, einen 40 Millionen Dollar teuren Diamanten gestohlen zu haben. Nick hat zwar immer seine Unschuld beteuert, wurde aber trotz allem zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Zwei Jahre später hat er die Beerdigung seines Vaters genutzt, um zu fliehen; und nun steht er in der 21. Etage des Roosevelt Hotels, das niemand anderem als Englander gehört, auf dem Sims.

Gleich zu Beginn blickt die Kamera mehrmals aus der Vogelperspektive auf die Straßenschluchten. Einstellungen wie diese haben mittlerweile etwas ungeheuer Vertrautes. Kaum ein Film, der in New York spielt, kommt ohne sie aus. Aber etwas ist hier anders. Asger Leth schneidet sie parallel mit Bildern von Sam Worthington, der aus einem U-Bahnschacht kommend zum Roosevelt geht, und dabei erst einmal kaum mehr ist als ein weiteres Gesicht in der Masse der Passanten.

Der rhythmische Wechsel von Straßenszenen und Luftaufnahmen verändert den Blick. Mit einmal erinnert man sich, wie unnatürlich diese Perspektive von oben ist und wem sie eigentlich vorbehalten bleibt: denen, die Tom Woolfe einst die »Masters of Universe« genannt hat, den Bankern und Immobilienkönigen, den Industriellen und CEOs, die aus ihren Penthäusern auf die Stadt tief unter ihnen schauen und den Abgrund nicht einmal sehen. Aber für Leth ist er allgegenwärtig. Er wird sichtbar in der Kluft zwischen Sam Worthington, der hier in die Fußstapfen der großen proletarischen Helden des amerikanischen Kinos tritt, und Ed Harris, dessen Gesicht und Körper durch eine beinahe schon marmorne Härte gekennzeichnet sind, die Englanders Macht als physische Bedrohung für alle anderen erfahrbar macht.

Auf der einen Seite ist Ein riskanter Plan ein extrem spannender, perfekt komponierter Thriller. Er wechselt virtuos hin und her zwischen Nick und seinem Bruder (Jamie Bell), der fieberhaft an einem Einbruch arbeitet, zwischen Englander und den Polizisten, die zunächst nur Nick vom Sims holen wollen, in Wahrheit aber noch ganz andere Rollen in diesem Spiel um Geld und Ehre, Leben und Macht, haben. Auf der anderen spiegelt er selbst die Kluft wider, von der er so eindringlich erzählt.

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