Kritik zu Ein letzter Job

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Nach einer wahren Geschichte: Im Jahr 2015 raubte eine Rentner-Gang den Tresorraum der Hatton Garden Safe Deposit Limited in London aus. James Marsh hat den Coup mit einem Star-Ensemble um Michael Caine verfilmt

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Alte Männer auf kriminellen Abwegen machen derzeit Karriere im Kino. Der fast 90-jährige Earl Stone (Clint Eastwood) betätigt sich erfolgreich als Drogenkurier für ein Kartell in »The Mule«. »Ein Gauner & Gentleman« Forrest Tucker (Robert Redford) steuert im gleichnamigen Film auf die achtzig zu, während er unverdrossen Bank um Bank ausraubt, auf seine ganz eigene, charmante Art. Brian Reader (Michael Caine) ist nur wenige Jahre jünger, als er in »Ein letzter Job« mit einigen Kumpanen darangeht, die Hatton Garden Safe Deposit Limited auszurauben, eine Gesellschaft, die im Diamantenviertel von London vermeintlich sichere Tresorräume zur Verfügung stellt. Alle drei Filme beruhen auf »wahren Ereignissen«, und allen ist gemeinsam, dass sie humoristischen Profit aus der Betagtheit ihrer Protagonisten ziehen wollen: Denn niemand, zunächst auch nicht die Polizei, traut so alten Herren derartige Coups zu.

Die Gebrechen der späten Jahre sind vor allem in »Ein letzter Job« von James Marsh (»Man on Wire«) ein Dauerthema. Die Komplizen, die Brian hier um sich versammelt, leiden an allem Möglichen: Diabetes, Inkontinenz, Schwerhörigkeit und an der neuen Hüfte, die spontanes Bücken unmöglich macht. Das ist ein gewisses Handicap, als es darum geht, in gebeugter Haltung ein Loch in die Wand des Tresorraums zu bohren und dann gewandt hindurchzuschlüpfen. Gut, dass einer der Beteiligten erst an die dreißig ist (Charlie Cox als Alarmanlagenspezialist Basil), aber der weist dafür ein enormes charakterliches Defizit auf: Er ist zu gierig.

»Ein letzter Job« wird vom Verleih als schwarzhumorige Kriminalkomödie beworben. Tatsächlich handelt es sich um ein recht geruhsam dramatisiertes, klassisches Heist-movie mit eher realistischem Anstrich, in dem die Gags durchaus aufgesetzt und sogar deplatziert wirken, inklusive der Scherze über die fehlende digitale Affinität der Alten. Selbst die fantastische Besetzung – so spielen neben Michael Caine unter anderem Jim Broadbent, Tom Courtenay, Ray Winstone sowie Michael Gambon als »Millys Bruder Billy«– vermag den Film nicht herauszuheben aus seiner Unentschiedenheit in Ton und Inszenierung. Am ehesten vermag noch Michael Caines Brian zu interessieren: Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau mangelt es ihm an Lebenssinn, den er im Raubüberfall wiederzufinden hofft. Kriminalität als Mittel gegen die tödliche Langeweile des Alltags beim Warten auf den Sensenmann – das ist dann nicht unoriginell!

Caine war zuletzt 2017 in »Abgang mit Stil« als gesetzloser Rentner zu sehen. »Ein letzter Job« folgt der genretypischen Dramaturgie: erst die Planung und Durchführung des Coups, danach der Versuch, die Beute abzustoßen. Irgendwann mittendrin erodiert der ohnehin fragile Gruppenzusammenhalt durch Misstrauen und Verrat. Der jazzige Score von Benjamin Wallfish und kurze Szenen aus früheren Schlüsselfilmen der Stars (bei Caine ist es »The Italian Job«) sorgen noch am deutlichsten für die nötige Rhythmisierung. Am Ende denkt man, dass es gut wäre, die Beteiligten für dieses Mal in den Ruhestand zu schicken.

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