Kritik zu Die Welt ist groß und Rettung lauert überall

© Arsenal Filmverleih

Der bulgarische Regisseur Stephan Komandarev hat den Migrationsroman von Ilja Trojanow verfilmt

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Es ist ein Film in zwei Richtungen. Die eine führt weg, die andere zurück, die eine handelt von Flucht und Demütigung, die andere erzählt von langsamer Selbstfindung. Am Anfang steht eine Geburt in einem Dorf, »dort, wo Europa endet und der Balkan nie anfängt«, wie es im Off heißt, und ein Autounfall irgendwo in der Nähe von Leipzig. Bei dem verliert Alexej, genannt Sashko (Carlo Ljubek), nicht nur seine Eltern, sondern auch sein Gedächtnis. Sein Großvater Baj Dan (Miki Manojlovic), in dem Dorf der König des Backgammon-Spiels, macht sich auf in den Westen, um sich um seinen Enkel zu kümmern. Und verordnet dem jungen Mann eine Brachialkur: Mit einem Tandem reisen die beiden von Leipzig in den Balkan, auf den Spuren der Orte, in denen Sashko als Junge auf der Flucht mit seinen Eltern aus dem kommunistischen Bulgarien war. Was natürlich peu à peu zur mentalen Genesung führt.

The long way home: Die erzählerische Anlage dieses Films beschreibt in ihrer Parallelhandlung eine europäische Migrationsbiografie, den Druck und die Enge des kommunistischen Regimes, die Emigration, den qualvollen Aufenthalt in einem Durchgangslager in Italien, die Gegenwart in einem doch immer noch fremd wirkenden modernen Deutschland. Wer so viel in einem Film erzählen will, muss zuspitzen, muss gegenüberstellen. Und damit ist auch schon die Schwäche dieses Films benannt, der auf Gegensätze baut und zwischen Realismus und Märchen schwankt. Die Szenen unter der kommunistischen Diktatur hat Komandarev in dunklen Sepia-Tönen gehalten, die in Deutschland sind von der grellen Kühle des Lichts des Krankenhauses in dem Alexej liegt, inspiriert. Natürlich hat Sashko, der von Übersetzungen lebt, keine Freunde, geschweige denn eine Freundin, und natürlich wird er dann in erotischer Richtung auf dem Weg nach Hause in Ungarn fündig. Und Baj Dan verkörpert so etwas wie den lebensklugen Weisen in einer fast spirituellen Ausprägung. Zu der muss das Backgammonspiel herhalten, als Symbol für das Spiel des Lebens. Das Schicksal ist der Würfel in deiner Hand, sagt Baj Dan. Würde man nicht den wieder einmal großartigen serbischen Schauspieler Pedrag »Miki« Manojlovic (»Irina Palm«) in dieser Rolle sehen, wäre der Film mitunter geradezu lächerlich.

Stephan Komandarev hat zwei wunderbare Dokumentationen gedreht, »Brot über den Zaun« (2002) und »Alphabet of Hope« (2006), die vom schwierigen Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen erzählen und in abgelegenen Teilen Bulgariens realisiert wurden. Heimat ist in diesen beiden Filmen mit ihrem dörflichen Mikrokosmos eine eher schwierige Sache, in der es auf Toleranz und Respekt ankommt. In seinem Langfilmdebüt macht Komandarev es sich da viel einfacher, arbeitet holzschnittartig und ziemlich kalkuliert. Aber der Warmherzigkeit dieses Films kann man sich doch nicht verschließen.

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