Kritik zu Die Frau, die vorausgeht

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Eine Malerin aus dem New York der 1890er Jahre macht sich in den Westen auf, um Sitting Bull zu porträtieren: Susanna White fiktionalisiert nach einem Drehbuch von Steven Knight die wahre Geschichte der Aktivistin Catherine Weldon

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Es kommt derzeit immer häufiger vor, dass ausgerechnet in einem Western die Rechte der indianischen Ureinwohner hervorgehoben werden, dass daran erinnert wird, dass sie die eigentlichen Besitzer des Landes sind. Gerade präsentierte Scott Cooper in »Hostiles« eine handfeste Übung in Toleranz, als er den hochdekorierten Captain Joe Blocker (Christian Bale) zusammen mit einem alten todkranken Cheyenne-Häuptling im Wilden Westen von 1892 durch umkämpfte Indianer-Gebiete schickte. Susanna Whites »Die Frau, die vorausgeht« spielt zwei Jahre früher und basiert im Wesentlichen auf der realen Geschichte von Caroline Weldon, die im Film Catherine heißt und nicht geschieden, sondern verwitwet ist. Jessica Chastain verleiht ihr denselben zähen, eigenwilligen Kampfgeist, den sie zuvor schon auf verschiedenste Kriegsschauplätze in »Zero Dark Thirty«, »Molly's Game« oder »Miss Sloane« getragen hat.

Im Film ist Catherine eine New Yorker Malerin, die sich in den Kopf gesetzt hat, Sitting Bull, den legendären Häuptling der Lakota Sioux zu porträtieren. Wie ungeheuerlich das Ansinnen ist, spürt man, wenn sie im Zug nach Missouri sitzt und bei der Annäherung an die umkämpfte »Frontier« in North Dakota irgendwann die einzige Frau unter rauen Männern ist. Und dann sitzt sie allein an der Endstation des Zuges, auf einem einfachen Holzsteg mitten in der Steppe, im adretten Kleid, mit fein modulierten Locken, rosigen Wangen, neugierigen Augen und einem offen­herzigen Lächeln im Gesicht und zerrt bald ihre unhandlichen Koffer durch die menschenleere Wildnis. Die guten Absichten, die der mit der weiteren Entrechtung der Indianer betraute Colonel Groves (Sam Rockwell) ihr dann im Ort auf den Kopf zusagt, provozieren die Empörung der Weißen ebenso wie das Misstrauen der Indianer. Sie landet mitten im letzten Aufbäumen der Indianer-Aufstände, kurz vor dem Massaker am Wounded Knee.

Durch Kürzung der Essensrationen sollen die Indianer in den Reservaten dazu gezwungen werden, den »Dawes Act« zu unterzeichnen und damit ihrer weiteren Enteignung zuzustimmen. Während die echte Mrs. Weldon von vornherein von ihrem Engagement für Indianer-Rechte getrieben war, findet ihre fiktionalisierte Version im Drehbuch von Steven Knight (»Eastern Promises«, »Peaky Blinders«, »Taboo«, »Locke«) und unter der Regie der britischen Fernseh-Regisseurin Susanna White (»Parade's End«, »Bleak House«, »Jane Eyre«) erst allmählich und romantisch gefärbt durch die Begegnung mit Sitting Bull zu ihrer Bestimmung. Mit einer Mischung aus modernem Selbstverständnis und finanziellem Rückhalt bringt sie Unruhe in die Verhältnisse, unter ihrer Anleitung lernen die Indianer, sich nicht mit kriegerischen Konfrontationen, sondern mit demokratischen Prozessen zur Wehr zu setzen. Dabei entsteht ein seltsames Missverhältnis zwischen den grandiosen Breitwandlandschaften, die noch einmal die Pracht des klassischen Westerns beschwören und der modernen Perspektive, die die Frauenfeindlichkeit und den Rassismus der Zeit herausstellt.

Meinung zum Thema

Kommentare

Da ich sehr am Thema "Natives USA", (Ureinwohner bzw. Indianer Nordamerikas) interessiert bin, hat mir der Film im Großen und Ganzen gut gefallen. Ich muss allerdings kritisieren, dass der große Sioux-Häuptling Sitting Bull zu jung, muskulös und gutaussehend dargestellt wurde. Auf zeitgenössischen Bildern und den wenigen Fotos sieht man einen völlig anderen Mann. Die Naturaufnahmen und Sets in dem Film waren hervorragend, die Schauspieler sehr gut.

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