Kritik zu Der Hobbit – Smaugs Einöde

© Warner Bros.

2013
Original-Titel: 
The Hobbit: The Desolation of Smaug
Filmstart in Deutschland: 
12.12.2013
L: 
161 Min
FSK: 
12

In Mittelerde wenig Neues: Peter Jackson wiederholt einige vertraute Motive im zweiten Teil der Hobbit-Trilogie, dies aber auf handwerklich hohem Niveau

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.857145
2.9 (Stimmen: 7)

Wenn der Kinovorhang sich aufzieht, folgt man gerne der Einladung in ein verregnetes, mittelalterlich anmutendes Städtchen mit schlammigen Wegen und windschiefen Häusern. Der Weg eines einsamen Wanderers führt ins Innere einer schummrigen Spelunke, wo finster dreinblickende Gesellen ihn belauern. Doch dann tritt mit dem Zauberer Gandalf eine vertraute Figur hinzu und die Spannung wird gebrochen: Gandalf weiht den Zwergenkönig Thorin Eichenschild in seine Mission ein – und der Zuschauer findet sich zugleich geschickt auf den Stand gebracht, sowohl darüber, was im ersten Teil Der Hobbit – Eine unerwartete Reise geschah, als auch darüber, was ihn nun im zweiten Teil Der Hobbit – Smaugs Einöde erwartet.

Tolkiens Vorlage »Der kleine Hobbit« ist eher ein Kinderbuch und dessen Adaption ein sogenanntes Prequel. Für den Zuschauer ist es aber eine gefühlte Fortsetzung von Der Herr der Ringe, weswegen der neuseeländische Regisseur und seine drei Buchautoren die Charaktere weiterentwickelten. Zwerge treten als geschäftstüchtige kleine Bürokraten in Erscheinung, und ihr Anführer Thorin Eichenschild ist längst nicht so eindimensional edel wie einst Aragorn. Dank dem Geheimnis, das der Held Bilbo Beutlin um den Besitz seines Rings macht, ist auch seine Figur interessanter als Frodo in Herr der Ringe.

Diese untergründige psychologische Spannung wird im zweiten Teil Smaugs Einöde leider nur bedingt genutzt. Was zweifellos daran liegt, dass die schmale Vorlage ziemlich in die Länge gezogen wurde, um eine epische Filmtrilogie mit Handlung auszustatten. Als Füllmaterial dient dabei, wie sollte es anders sein, Action. Peter Jackson hat gewiss Fantasie im visuellen Ausgestalten schrecklicher Mons­ter und ekliger Situationen. Dennoch kann er Déjà-vus nicht vermeiden. So wird aus der Riesenspinne, die Frodo im dritten Teil der Ringe-Trilogie in einen Kokon einsponn, eine ganze Armada achtbeiniger Insekten. Und wenn die Gefährten an ihrem vorläufigen Ziel eine Felswand passieren müssen, dann werden Erinnerungen an die Tür von Durin wach.

Trotz motivischer Wiederholungen gelingt Jackson einmal mehr ein geschmackvolles Fantasy-Epos mit Ecken und Kanten, bei dem die Balance zwischen ruhigen Momenten und skurrilen Actionszenen stimmt. Höhepunkt ist eine aberwitzige Verfolgungsjagd, bei der die Helden in Weinfässern reißende Stromschnellen hinabgetrieben werden, derweil furchterregende Orks ihnen vom Ufer aus ans Leder wollen. Die blutrünstigen Gesellen verhalten sich dabei so tölpelhaft, dass sie seriell dahingemetzelt werden. Der elegante Elbe Legolas verschießt natürlich wieder viel mehr Pfeile, als in einen Köcher hineinpassen. In solchen Szenen hat der Film die Anmutung einschlägiger Computerspiele.

In ruhigen Momenten schwelgt die Geschichte in einer geradezu verschwenderisch detailverliebten Ausstattung, an der man sich kaum satt sehen kann. Durch den gelungenen Wechsel zwischen verschlungenen Höhlenlabyrinthen und zum Teil atemberaubenden Außenaufnahmen erzeugt der Neuseeländer eine unvergleichliche Atmosphäre, wie sie in keiner anderen Hollywood-Großproduktion zu finden ist. Wichtiger Bestandteil der visuellen Anmutung ist die schon im ersten Teil zum Einsatz gebrachte HFR-Technik, die bei doppelt so hoher Bildwiederholungsfrequenz visuellen Tricks mehr Schärfe verleiht. Wenn der Zuschauer sich in den Kinosessel wegducken muss, um nicht von einem abgeschlagenen Ork-Kopf getroffen zu werden, dann wird 3D sinnlich erfahrbar: Als Kinderfilm kann man Smaugs Einöde wohl kaum bezeichnen, eher als Familien-Splatter.

Längen hat das dreistündige Abenteuer-Spektakel trotz eines doch etwas ausgewalzten Kampfes mit dem feuerspeienden Drachen nicht wirklich. Zum furiosen Finale entführt Jackson den Zuschauer ins unterirdische Reich der Zwerge, die mit Hochöfen und trickreicher Feinmechanik unermessliche Reichtümer akkumulierten, wie man sie nur aus dem Geldspeicher von Dagobert Duck kennt. Die Schlussszene gipfelt in einer verblüffenden visuellen Pointe, die verbildlicht, wie buchstäblich größenwahnsinnig die ehrgeizigen kleinen Männer in ihrer unersättlichen Raffgier waren. Man ist gespannt auf den dritten Teil.

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