Kritik zu Der Albaner

© Zorro

Alternative arm oder ganz arm: Im Spielfilmdebüt des Dokumentaristen Johannes Naber wird das zwischeneuropäische Elend des Waren- und Menschenhandels durchgespielt

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Eine Grenze wie viele. Menschen mit erschöpften, leeren Mienen werden von den Transportern der Grenzschützer verschluckt und auf der anderen Seite wieder ausgespuckt. Mit dieser Absurdität beginnt Der Albaner, der erste abendfüllende Spielfilm des Dokumentarfilmers Johannes Naber. Am Grenzübergang zwischen Albanien und Griechenland, also zwischen einer vormals total abgeschotteten Nation, die heute zu den ärmsten des Kontinents zählt, und dem umstrittensten Schuldnerland Europas. Von ganz arm zu arm. Was für eine Wahl sollen die Grenzgänger da schon haben? Doch das bescheidene Zubrot, das die albanischen Gastarbeiter beim griechischen Nachbarn verdienen, stopft die schlimmsten Löcher. Nur für die Hochzeit von Arben (Nik Xhelilaj) und seiner ungeplant schwangeren Freundin Etleva reicht es hinten und vorne nicht. 10 000 Euro braucht es allein für den Vater der Braut, um die voreheliche Unzucht übersehen zu können und den Respekt der Sippe zurückzuerwerben.

10 000 Euro sind eine Welt. Eine, die so fern und anders ist, dass nicht nur das Arbeitgeberland jetzt zu den reichsten zählen muss, sondern auch die Wege, um es dort zu verdienen, über die Grenzen aller Moral führen müssen. Arben lässt sich nach Deutschland einschleppen. Er landet genau da, wo ihn das Drehbuch von Anfang an haben wollte: in Krankheit, Dreck und der Illegalität.

Arbens Job in einer Putzkolonne reicht nicht einmal fürs Nötigste. Er rettet dem lungenkranken Russen Slatko das Leben, indem er ihn zu einem Apotheker schafft, der ihm ein Antibiotikum spendiert und mit seiner Hilflosigkeit als einziger Deutscher für das Schulterzucken einer ganzen Nation stehen soll. Als Schleuser kommen Arben und Slatko schließlich im System multipler Ausbeutung an, und wenn der Albaner einem Konkurrenten das so bitter nötige Geld aus den Rippen prügelt, hat der Film endlich das eine Bild, auf das er die ganze Zeit hinauswill. Die Gewalt des Warenund Menschentransfers erzeugt Gegengewalt. Glasklar. Geschenkt. Und nun? Mit Anzug, Mercedes und einem Säckchen voll Geld kehrt Arben zurück. Zu spät, um das Leben in der Heimat zu führen, für das er ausgezogen war.

Der Albaner, der in Saarbrücken vermutlich für seine politische Redlichkeit ausgezeichnet wurde, ist jedoch mit seiner naiven Direktheit ein seltsam uninspirierter Film geworden. Seltsam nicht so sehr wegen seines Gegenstandes, bei dem er in der Publikumsempathie offene Türen einrennt, sondern weil er das vermeintlich Wahre in so unbeholfener Inszenierung ins Bild zwängt.

Johannes Naber hat bewusst nicht nach der Bildsprache von großen Vorgängern wie Lamerica, Traffic, Babel oder auch Lichter geschaut. Aber eine eigene visuelle Erzählung ist dem Film nicht abzulesen. Arme Menschen in dunklen Häusern, Ziegenherden in malerisch zerklüfteten Landschaften und feindliche graue Städte, die sich alle irgendwie ähneln. Nur Nik Xhelilaj, der Hauptdarsteller, eine richtige Entdeckung, versteht sich auf eine abgründig schwingende Melancholie, die weit über das hinausweist, was die Bilder so pflichteifrig wie erwartbar um ihn herum ausmalen.

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