Kritik zu In Darkness

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Agnieszka Holland, die in den letzten Jahren vor allem für US-amerikanische Serien (»The Wire«, »Cold Case«, »Treme«) gearbeitet hat, kehrt einmal mehr nach Europa zurück, um eine Holocaustgeschichte nach wahren Begebenheiten zu verfilmen

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Für die Juden im von deutschen Truppen besetzten Lemberg gibt es 1941 nur noch eine Richtung zur Flucht: nach unten in die Kanalisation. Aber wer in dem weitverzweigten Labyrinth überleben will, braucht fachkundige Hilfe. Keineswegs aus idealistischen Gründen bringt der polnische Kanalarbeiter Leopold Socha (Robert Wieckiewicz) die Verfolgten in Sicherheit. Der wohlhabende Jude Ignacy Chiger (Herbert Knaup) verspricht regelmäßige Entlohnung. Neben seiner Familie gehören der Gruppe der erfahrene Gauner Mundek (Benno Fürmann) an, die junge Klara (Agnieszka Grochowska), die ihre Schwester im Ghetto zurücklassen musste, des weiteren ein orthodoxer Jude, der sich am Rande der Gruppe hält, und ein Mann, der mit seiner Geliebten die Razzia dazu genutzt hat, seine Familie im Stich zu lassen. In den dunklen, feuchten Gängen müssen die unterschiedlichen Menschen zusammenhalten, wenn sie überleben wollen.

Mit In Darkness zeichnet die polnische Regisseurin Agnieszka Holland (Hitlerjunge Salomon) ein komplexes Gruppenporträt, in dem die dramatische Anspannung der Verfolgten, die klaustrophobischen Ängste in der Enge und Dunkelheit der Kanalisation, ihre vollkommene Abhängigkeit und die daraus resultierenden Vertrauenskrisen zu dem einzigen Menschen, der ihnen hilft, durchaus glaubwürdig dargestellt werden. Dabei ist Holland nicht an einem humanistischen Heldengemälde gelegen. Der Kanalarbeiter Socha ist eine Figur, die sich zunächst aus rein egoistischen Interessen für die Verfolgten engagiert und erst zögernd über sich hinaus wächst. Auch die moralischen Zerwürfnisse innerhalb der Gruppe der Juden werden deutlich herausgearbeitet. Visuell wagt sich der Film ebenfalls tief in die Dunkelheit hinein, lässt in spärlich ausgeleuchteten Bildern die Düsternis und Feuchtigkeit der Kanäle förmlich am Publikum hochkriechen und zu einer bedrückenden, aber eindringlichen Kinoerfahrung werden.

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