Kritik zu The Counselor

© 20th Century Fox

Ridley Scott hat das erste Originaldrehbuch von Cormac McCarthy (No Country for Old Men) verfilmt: ein hochkarätig besetzter Drogenthriller über Schicksal, Schönheit und Brutalität

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 4)
Zunächst nur Stimmen aus dem Off, ein Mann und eine Frau, wispernd, schmeichelnd, herausfordernd lasziv. Dann raschelnde Laken, ein Mann und eine Frau, Michael Fassbender und Penélope Cruz... So könnte eine Liebesgeschichte beginnen, stattdessen werden schon hier, noch unmerklich, die Räder einer mörderischen Maschine in Gang gesetzt. Die nächsten Szenen folgen: Michael Fassbender als smooth operator, ein Mann, der sich als Anwalt in eleganten Anzügen durch die luxuriösen Villen seiner reichen Klienten bewegt, in den volatilen Grenzgebieten zwischen Mexiko und den USA. Tänzelnd auf einem schmalen Grat der Legalität, erinnert dieser titelgebende Rechtsberater an Matthew McConaugheys Lincoln Lawyer. Zu diesem Zeitpunkt ist er nur noch eine Entscheidung davon entfernt, herunterzufallen. 
 
Am Anfang wirkt alles licht und elegant, schwebend und gleitend durch Luxus und Glamour: Ridley Scott ist als Regisseur immer ein Stylist gewesen, der in jedem seiner Filme ein Universum kreiert, das eigenen Regeln gehorcht, wobei ihm, mal abgesehen von seinem Ferienausflug The Good Year, wenig an der sinnlichen Leichtigkeit des Seins liegt. Mit Cormac McCarthy, der nach vielen Romanvorlagen unter anderem für No Country for Old Men von den Coen Brothers und The Road von John Hillcoat, hier zum ersten Mal selbst ein Drehbuch verfasst hat, nimmt er sich einen Stylisten der Worte zum Verbündeten, der immer wieder in die dunkelsten Abgründe des menschlichen Wesens abtaucht, um ihre Mechanismen freizulegen. So dauert es auch in The Counselor nicht mehr lange, bis eine diffuse Unruhe die Szenerie vergiftet, bis sich viele Handlungsfäden zu einem fatalen Netz von Ursache und Wirkung verschlingen.
 
Wie so oft geht es ums schnelle Geld, das nie so leicht zu verdienen ist, wie es den Anschein macht, um die Gier, die das menschliche Handeln antreibt. Über Mittelsmänner des Kartells eröffnet sich dem Counselor die Gelegenheit, bei einem Multi-Millionen-Dollar-Drogendeal mitzuverdienen. Die Leute, mit denen man da zu tun habe, wird ihm gesagt, seien eine besondere Spezies: »Sie zögern nicht, dir die Leber rauszuschneiden und sie deinem Hund zu füttern«, und das ist noch eine vergleichbar unspektakuläre Aussage in einem Film, in dem Stahldrähte zu ausgesprochen perfiden Mordinstrumenten werden. Hinter dem dekadenten Glamour, in dem sich die Drahtzieher des Drogenhandels bewegen, lauert eine düster-fiebrige, schmuddelige Unterwelt.
 
Um Cormac McCarthys mit einem Diamantschliff versehenen Dialogen standzuhalten, hat Ridley Scott eine imposante Besetzungsliste erstellt: Cameron Diaz brilliert als teuflisch berechnende, wildkatzenhafte Femme fatale in mörderischen Highheels und mit extravaganten Accessoires, zu denen auch zwei Leoparden mit diamantbesetzten Halsbändern gehören. Javier Bardem stürzt sich nach No Country for Old Men und Skyfall erneut mit viel Verve in eine schillernd extrovertierte Existenz als Barbesitzer und Drogenhändler, mit schrill gemusterten Hemden und zu Berge stehendem Haar. Brad Pitt spielt als Vermittler einen coolen Fashion-Cowboy mit einem Lebensmotto, das er Michael Manns Heat entlehnt hat: »I can leave it all behind in a heartbeat. Can you?« Bis in kleinste Nebenrollen ist der Film vibrierend besetzt. Neben John Leguizamo und Rosie Perez ist da auch Bruno Ganz, der als Amsterdamer Diamantenhändler über die Zusammenhänge von Schönheit und Makel philosophiert, wie überhaupt der ganze Thriller über einen schief gelaufenen Drogendeal immer wieder zur Vorlage für lebensphilosophische Diskurse wird, über die Konsequenzen, die jede menschliche Entscheidung unerbittlich nach sich zieht.
 
Mit all seinen visuellen Qualitäten, den schillernden Figuren, der verführerischen Ästhetik, der magnetischen Dynamik und den brillanten Dialogen fasziniert The Counselor. Doch all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Film ein sehr kaltes Herz schlägt. »Wahrheit hat keine Temperatur« sagt Cameron Diaz’ Malkina einmal, als ihr Latin Lover ihr Kälte vorwirft. Ein wenig erinnert der Film an die vielen Werbefilme, die Ridley Scott gedreht hat, die das Versprechen, das ihre Oberflächen geben, im Kern nie halten können.
 

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