Kritik zu Coco – Lebendiger als das Leben

© Walt Disney Pictures

2017
Original-Titel: 
Coco
Filmstart in Deutschland: 
30.11.2017
L: 
109 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Der mexikanische Tag der Toten, »Día de los muertos«, bildet das ­orginelle Setting des neuen Pixar-Films: Ein musikalisch begabter Junge gerät versehentlich in ein sehr ­farbenfrohes Totenreich und lernt seine Vorfahren kennen

Bewertung: 4
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

»Keine Musik!« heißt es immer wieder im Elternhaus von Miguel. Dabei verehrt der Zwölfjährige den verstorbenen Sänger Ernesto de la Cruz. Er hat ihm auf dem Dachboden sogar heimlich einen Altar errichtet und würde selbst gerne mit Musik die Massen begeistern. Der Grund für dieses Verbot, über dessen Einhaltung vor allem die Großmutter wacht, ist eine alte Familiengeschichte: Der Vater von Miguels Urgroßmutter Coco hat einst seine Frau und die kleine Tochter im Stich gelassen, weil ihm seine Musik wichtiger war. So hat sich die Abneigung der Familie auf seine Profession übertragen. Doch dessen ungeachtet setzt sich Miguel in den Kopf, am Abend auf der Plaza am Musikwettbewerb teilzunehmen.

Dies ist nicht irgendein Musikwettbewerb, denn schließlich findet er statt am Tag der Toten, dem Día de los Muertos, und den gibt es nur einmal im Jahr. Im Rahmen dieser spezifisch mexikanischen Tradition (seit fast einem Jahrzehnt von der UNESCO als Teil des Weltkulturerbes anerkannt) gedenken die Familien ihrer verstorbenen Angehörigen, indem sie einen Altar mit deren Fotos, mit Kerzen und Lebensmitteln aufbauen. Denn dann können die Geister der Toten bei ihnen sein und gemeinsam feiern, tanzen und speisen.

So hat der Tag der Toten also etwas ganz Lebensbejahendes, entsprechend muss man sich nicht wundern, dass er hier zum Thema eines Familienfilms gemacht wird. Zudem ist die Animationsfirma Pixar für Ungewöhnliches bekannt, man denke nur an die Ratte, die sich als Meisterkoch erwies (»Ratatouille«) oder die Personifizierung widerstreitender Gefühle im menschlichen Gehirn (»Alles steht Kopf«).

Als Miguel durch eine Verkettung von Umständen in die Welt der Toten gerät, begegnet ihm dort ein immens farbenfrohes Ambiente, in dem sich seine Vorfahren als bedeutend komischer erweisen als seine lebenden Angehörigen. So schön das auch ist, möchte der Junge doch wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren, nicht ohne vorher allerdings seinem Idol Ernesto begegnet zu sein. Sollte der vielleicht sogar sein Ururgroßvater sein? Das wäre natürlich die rundeste Lösung. Doch so einfach macht es sich der Film zum Glück nicht. Miguel trifft auf einen anderen Musiker, Hector, der ihm hilft, er muss aber auch nach zwei Dritteln des Films ein schreckliches Familiengeheimnis aufdecken. Was ihn in höchste Gefahr bringt, bevor ein klassisches Happy End kommt: Miguel kann schließlich seinen Traum verwirklichen, nachdem der Fluch, der auf der Familie lastete, nicht mehr ist. Der Film verdichtet das in einem schönen Moment, als endlich wieder Bewegung in die Furchen des Gesichts von Miguels Urgroßmutter Coco kommt und sie schließlich sogar anfängt zu singen.

So ungewöhnlich das Setting von »Coco«, so sehr setzt die Geschichte Miguels auf vertraute Muster. Man hätte sich ein originelleres Drehbuch gewünscht. Immerhin: Nach der Disney-Produktion »Vaiana« bereitet Disney/Pixar mit »Coco« ein weiteres Stück indigener Kultur für ein großes Publikum auf – und dass der Protagonist (gesprochen von Anthony Gonzalez) ein Mexikaner ist, ist für eine Studioproduktion des Jahres 2017 durchaus keine Selbstverständlichkeit.

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