Kritik zu Borderland Blues

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2016
Original-Titel: 
Borderland Blues
Filmstart in Deutschland: 
18.05.2017
L: 
73 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Vor dem Bau der großen Mauer: Die Münchner Dokumentarfilmstudentin Gudrun Gruber schaut sich mit der Kamera an der mit Ideologie und Waffen aufgerüsteten Südgrenze der USA um

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Mal wieder sind die bösen Medien schuld. Weil diese nämlich die privaten Patrouillen an der südlichen US-Grenze als Rassisten darstellen würden, bezeichnen sich die Männer der »Arizona Border Recon« jetzt nicht mehr als »Militia« sondern als NGO. Schließlich sei man mit der Regierung nicht verbandelt, sondern tue einfach nur »what needs to be done«. Der Titel sei ihnen gegönnt, abstoßend ist das Agieren der Afghanistan- und Irak-Veteranen dennoch. Etwa wenn sie mit genüsslichem Grinsen erzählen, dass sie die von einer migrantenfreundlicheren NGO namens »No More Deaths« an Stützpunkten für die Grenzübertreter hinterlegten Wasser- und Essensrationen gerne zum Picknick verzehren. Dass sie die mörderischen Folgen zumindest einkalkulieren, muss man annehmen. Verheerendes Indiz für vermutlich bei der US-Army erlernte Haltungen ist auch, dass die beiden Jungs von der NGO-Militia schon der Idee eines humanitären Denkens völlig verständnislos gegenüberstehen.

Wir sind im Südwesten der USA in der Sonora-Wüste, die von der US-mexikanischen Staatsgrenze durchtrennt wird und seit Bill Clintons Zeiten auch von einem langen Zaun gegen Migranten und Drogenhandel, der nun bekanntlich zu einer Mauer ausgebaut werden soll. Der Film von ­Gudrun Gruber und Team wurde noch vor der Trump-Wahl konzipiert und gedreht, reicht aber auch inhaltlich viel weiter, als es eine bloße Replik auf dessen Great-Wall-Drohungen könnte. Schließlich ist die Südgrenze der USA nur eine der neuen militarisierten Anti-Menschen-Barrieren, die weltweit die Nachfolge des Eisernen Vorhangs angetreten haben; die dazugehörigen ausgrenzenden Praktiken und Denkweisen sind symptomatisch für die Entwicklungen der jüngsten Zeit. Und so haben auch die Erkundungen, die Gruber in Arizona macht, doppelte Qualität als Beschreibung einer spezifischen Situation und weiterreichender sozialer Archetypen.

Neben den verschiedenen NGO-Aktivisten gehört dazu ein Rancher, der direkt im Grenzgebiet wohnt und seine Lebensqualität schwinden sieht durch die sein Haus umzingelnden fest und mobil angebrachten Überwachungssysteme. Oder die indigenen O'Odhams, deren traditionelles Land durch das Grenzregime einfach geteilt wurde – und egal in welche Richtung Ofelia Rivas ihr Haus verlässt, stößt sie bald auf eine hochgerüstete Straßensperre, wo die alte Dame gerne für eine Mexikanerin gehalten wird. Doch es gibt auch zwei Aktivisten in grau-gelb-roten Sicherheitswesten, die auf Hockern am Straßenrand beobachten, ob sich die Sicherheitskräfte eines solchen Straßenposten des »racial profiling« schuldig machen.

Neben solchen Vor-Ort-Begehungen im Grenzland begibt sich der Film zwischendurch auch auf die weltweit größte Messe für »Border Security« in Phoenix, wo neben Drohnen und sonstigem auch die dazugehörige Ideologie an Mann und Frau gebracht wird. Schließlich gehören zu den zu bekämpfenden Aliens auch sogenannte »agricultural threats« wie die afrikanische Riesenschnecke.

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