Kritik zu Arschkalt

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Ganz schön eisig, die neue Komödie von André Erkau (»Selbstgespräche«): Zwei Lieferanten für Tiefkühlkost bereisen die norddeutsche Provinz – und tauen nur ganz langsam auf

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Das Leben ist wie ein Eiswürfel: Manchmal erfrischend und einfach cool, doch dann wieder knüppelhart und arschkalt. Wer sich ein bisschen Wärme gönnt, merkt schon bald, dass alles wieder fließt. An dieser einfachen Metapher arbeitet sich Regisseur und Autor André Erkau etwas hüftsteif ab, denn so ganz wird man den Verdacht nicht los, dass es dem prämierten Filmemacher (Max-Ophüls-Preis für »Selbstgespräche«) schwer gefallen sein muss, sein Ensemble auf Betriebstemperatur zu bringen, um eine Komödie nach dem anspruchsvollen Vorbild der Coen-Brüder zu erzählen.

Das Eis zwischen Geschichte und Publikum will jedenfalls nicht so recht brechen, es schmilzt immerhin ein wenig. Es geht um Berg (Herbert Knaup), einem in der Tat emotional eingefrorenen Exinhaber einer Firma für Tiefkühlkostlieferungen. Das Unternehmen hat er einst vom Vater geerbt, doch ziemlich schnell an den Rande des Ruins gewirtschaftet. Längst haben Investoren das Ruder übernommen, während Berg zum Kurierfahrer degradiert wird. Mit tiefen Ringen unter den Augen und aschfahlem Gesicht beliefert er täglich private Kunden in der Holsteinischen Schweiz, wo die Landschaft so flach ist wie sein Selbstwertgefühl. Auf dem Lieferwagen steht in großen Lettern »Mr. Frost«. Erst als ihm der dampfplappernde Luftikus Moerer (Johannes Allmayer aus »Vincent will Meer«) zur Seite gestellt wird, taut Berg sprichwörtlich auf.

Der Film müht sich ab, nach bewährtem Malen-nach-Zahlen-Prinzip zu funktionieren und lässt dadurch oft Lockerheit und Ideenreichtum vermissen. Die Konstellation des humorlosen Misanthropen, der zu einer vorübergehenden Zwangsehe mit einem nervtötenden, aber herzensguten Tollpatsch verdonnert wird, kennt man nicht erst seit Filmen wie »Der Hornochse und sein Zugpferd« oder »Zwei irre Spassvögel« mit Gérard Depardieu und Pierre Richard. Viel ärgerlicher sind grundsätzliche Fragen, die man sich als Zuschauer stellt: Wer lässt sich eigentlich kistenweise Tiefkühlfisch an die eigene Haustür bringen, statt zum Supermarkt zu gehen? Die seltsam überbelichteten Einstellungen vor norddeutschen Haustüren, wo gestandene Männer und Rocker in Jeanskutten mit seligem Lächeln die Tiefkühlkrabben in Empfang nehmen, sollen eigentlich mit Sehgewohnheiten brechen, wirken aber oft wahnsinnig bemüht und unglaubwürdig.

Trotz handwerklicher Schwächen sind Herbert Knaup und Johannes Allmayer ein zwar in dieser Konstellation vertrautes, aber stets liebenswertes Duo, das gegen ein holpriges Drehbuch mit den besten Mitteln ankämpft. Wie sich ihre Figuren an den jeweiligen Macken des anderen abarbeiten, ist sehr kurzweilig und schön anzuschauen, auch wenn die Chemie dieser beiden unterschiedlichen Männer von einem Flirt mit der neuen Vorgesetzten torpediert wird. Um noch einmal die Metapher zu bemühen: Als Komödie hat »Arschkalt« immerhin die Halbwertszeit eines Eiswürfels. Sie erfrischt für kurze Zeit, doch fließt auch wieder schnell davon.

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