Kritik zu Alexandre Ajas Maniac

© Ascot Elite

Elijah Wood spielt in dieser Neuverfilmung des Slasherklassikers aus dem Jahr 1980 den Frauenmörder Frank, der als Restaurator von Schaufensterpuppen ein äußerlich unauffälliges Leben in Los Angeles führt

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Der 1980 für schlappe 48 000 US-Dollar auf 16mm produzierte Independent-Slasherfilm Maniac von William Lustig ist noch heute eine bedrückend unmittelbare Seherfahrung. Der schizophrene Frauenmörder Frank Zito (eindrucksvoll verkörpert von Joe Spinell) wird von der Hassliebe zu seiner verstorbenen Mutter gepeinigt und teilt sein New Yorker Apartment mit weiblichen Schaufensterfiguren. Diese verziert er mit der blutigen Kleidung und den Skalps seiner Opfer. Doch dann verliebt sich Frank in die Fotografin Anna (das 1977er Bond-Girl Caroline Munro) und versucht, sie am Grab seiner Mutter zu töten.

Der französische Regisseur Alexandre Aja hat sich vor allem mit modernisierten Remakes amerikanischer Genreklassiker wie The Hills have Eyes (2006) oder Piranha 3D (2010) einen Namen gemacht. Es macht also Sinn, wenn er als Koautor und Produzent diesen guten Namen für die von Franck Khalfoun inszenierte Neufassung des – in Deutschland indizierten – Slashers Maniac hergibt. Entsprach Joe Spinell im Original noch dem damaligen Klischee eines schmierigen Triebtäters, so erscheint die Besetzung von Elijah Wood als psychopathischer Frauenmörder auf den ersten Blick gewagt. Doch schon 2005 gab Wood in Robert Rodriguez’ Sin City einen mörderisch geschmeidigen Menschenfresser. In Maniac nun hat seine Figur des Frank von der verstorbenen Mutter einen Laden für die Restauration von Schaufensterpuppen geerbt und sucht sich seine Opfer im Internet – bis die junge Künstlerin Anna (Nora Arnezeder) in seinem Laden kommt, um die Mannequins für eine Ausstellung zu fotografieren.

Geschickt zwingt die Kamera dem Zuschauer durch subjektive Blickwinkel den voyeuristischen Blick des Mörders auf und macht ihn so zum Mittäter. Ein Trick, der seit den 80er Jahren nichts an seiner Wirkung verloren hat, heute aber technisch subtiler und konsequenter umgesetzt werden kann. Das Gesicht von Elijah Wood sehen wir nur in der Reflektion von Spiegeln und Autofensterscheiben oder als Fotografie auf seinem Computerbildschirm. Stets sieht man den Film mit und aus den Augen des Serienmörders. So ist man notgedrungen hautnah dabei, wenn Frank von einer Internetbekanntschaft oral befriedigt wird, bevor er sie erwürgt, wenn er die Kopfhaut seiner Opfer von den Schädeln schält oder wenn er sich aus Selbstekel in die Toilettenschüssel übergibt. Das nächtliche Los Angeles aus der Sicht des halluzinierenden Frank ist ein schmuddeliger Moloch voll aufreizender Frauen. Erst blicken sie verführerisch, dann voller Angst in die Kamera, während Frank in seinem Kopf flüsternd hasserfüllte Selbstgespräche führt. Auf den Einsatz von unterschwelligem Humor, der in vergleichbaren Filmen eine erleichternde Ventilfunktion hat, verzichtet Regisseur Franck Khalfoun konsequenterweise. Die aufgezwungene Identifikation mit dem obsessiven Triebtäter erzeugt einen bemerkenswert bedrückenden Realismus, der den Zuschauer gar mit Schuldgefühlen im Kinosessel zurücklässt. Denn unweigerlich wird man immer wieder auf sich selbst zurück geworfen. Mehr Bedrohung kann man von einem modernen Horrorfilm kaum verlangen. 

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