Kritik zu Die grüne Lüge

© Little Dream

2017
Original-Titel: 
The Green Lie
Filmstart in Deutschland: 
22.03.2018
L: 
90 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Dient das Etikett »Nachhaltigkeit« dazu, Umweltzerstörung unsichtbar zu machen? Werner Boote und Kathrin Hartmann hinterfragen die Imagepflege der Konzerne

Bewertung: 4
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Filme wie dieser geraten leicht unter den Verdacht, ein preaching to the converted zu betreiben. Wer, der nicht schon skeptisch gegenüber den »Greenwash«-Kampagnen der Konzerne ist, sieht sich einen Film mit dem Titel »Die grüne Lüge« an, in dem eben dies anhand einer Reise durch die Welt von Produktion und Konsum »natürlicher« und »nachhaltiger« Dinge wie Palmöl oder Elektroautos belegt wird? Man kann dieser Falle entgehen, indem man neue Fakten recherchiert, sinnliche Eindrücke und persönliche Autorität zusammenbringt, vielleicht ein wenig formalen Thrill erzeugt und schließlich das Recherchierte in einen größeren Zusammenhang bringt. Von alledem tut Werner Boote in diesem Film etwas, der direkt an die Vorgänger »Plastic Planet« (über den Kunststoffmüll) und »Population Boom« (über Überbevölkerung und Verteilungsungerechtigkeit) anknüpft.

Aus einem ganz persönlichen Gestus heraus beginnt diese Reise: »Mir wird gesagt, dass ich die Welt retten kann.« Man muss nur die richtigen Packungen im Supermarkt wählen und den Versprechungen zur »Nachhaltigkeit« glauben. Die Reise, die der Filmer unternimmt, wird mit Kathrin Hartmann geteilt, die seit Jahr und Tag den Desinformationen der Konzerne auf der Spur ist und einige Bücher zu diesem Thema veröffentlicht hat. Die beiden spielen ein wenig das Good Cop/Bad Cop-Spiel: Boote gibt den naiv Fragenden, der gern auch mal Fünfe gerade sein ließe, Hartmann ist für die unerbittlichen und bestens informierten Nachfragen zuständig. So gelingt es den beiden hier und da, die Mauer zu durchbrechen, die die Public-Relations-Maschinen der Konzerne aufgebaut haben; beinahe wichtiger aber ist, dass gezeigt wird, wie sie funktionieren. Auf der anderen Seite besucht man Menschen, die Widerstand gegen die Umweltzerstörung leisten. Die Quintessenzen liefert schließlich ein sparsamer Off-Kommentar. Eine zentrale Aussage des Films ist die direkte Kritik an einer Politik, die die Verantwortung für ökologisch und sozial akzeptable Ware den Verbrauchern zuschiebt und keinen Schutz vor irreführender Werbung wie der von einer »Nachhaltigkeit« der Palmölproduktion bietet, durch die Regenwald vernichtet und Menschen vertrieben werden.

Das »richtige Einkaufen« des »mündigen Verbrauchers« erweist sich schließlich als die große Falle, in die gerade jene Menschen geraten, die sich im Konsumverhalten nicht als Weltzerstörer fühlen wollen. Doch wirkliche Nachhaltigkeit, so viel wird auf dieser Reise klar, »erschmust man sich nicht mit Konzernen«. Denn immer wieder, bei den Erdölbohrungen und den damit verbundenen Katastrophen, bei Elektroautos, bei denen die Umweltzerstörung unsichtbar gemacht wird, zeigt sich, was ein Betroffener sehr schlicht erklärt: »Denen ist die Umwelt egal, alles, was sie interessiert, ist Geld.«

Eine ernüchternde Reise, eine Reise, die zornig macht. Und die zugleich optimistisch bleibt. Der Film von Boote und Hartmann enthält eine Reihe von Informationen, die im täglichen Nachrichtenfluss nicht vorkommen, vor allem aber vermittelt er, wie sich die Gefahren einer Produktion unter dem grüngewaschenen Image der Konzerne nicht allein in Zahlen und Untersuchungen wiedergeben lassen, sondern im Leben von wirklichen Menschen. Das ist es, was Filme können.

Meinung zum Thema

Kommentare

Unbedingt reingehen in diesen Film. Man sieht die ganze Umweltproblematik und wie wir die Augen verkleistert bekommen, aus einem neuen Blickwinkel. Der Film gibt viel Stoff zum Nachdenken.

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt