Forum: »Santo contra cerebro del mal« (1959)

»Santo contra cerebro del mal« (1959)

Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre entdeckten viele internationale Filmfestivals den Genrefilm und präsentierten ihn in speziellen Mitternachtsprogrammen, im Rahmen des »Internationalen Forums des jungen Films« der Berlinale konnte man damals in der Akademie der Künste John Carpenters »Assault on Precinct 13« sehen, vorgestellt von der Zeitschrift »Filmkritik«.

Heute sind das eher Einzeltermine, im Programm auch nicht mehr mit spezieller Rubrizierung (und damit aus der Reihe fallend) angekündigt. In diesem Jahr war das ein mexikanischer »Santo«-Film aus dem Jahr 1959. Mir war die Figur des Santo, eines Wrestlers, der sich nebenbei als maskierter Rächer dem Kampf gegen das Böse verschrieben hat, zwar ein Begriff, aber gesehen hatte ich einen dieser Filme um diese mexikanische Ikone noch nie.

Vor der Vorführung gab es eine kurze Einführung durch die Enkelin des Produzentin, die sich auch um die Restaurierung gekümmert hatte – übrigens mit Hilfe des dänischen Regisseurs Nicholas Winding Refn, eines erklärten Fans der Populär- und Trivialkultur, der sich hier mittlerweile einige Verdienste erworben hat, etwa bei der Wiederentdeckung des mexikanischen Filmemachers Alejandro Jodorowsky oder aber mit einem großformatigen Bildband, in dem Plakate solcher Filme aus Refns eigener Sammlung reproduziert sind; zuletzt sah ich ein langes Gespräch zwischen ihm und William Friedkin anlässlich der Blu-ray-Veröffentlichung von dessen Film »Sorcerer« – auch der war bei seiner Premiere ein Riesenflop.

Wir erfuhren also, dass der Großvater der Dame ursprünglich Anwalt war, dann aber in eine Filmfamilie einheiratete und sich dem Kino zuwandte - und im Jahre 1958 sogar mit einem Film auf der Berlinale vertreten war. Er war aber auch ein Frauenheld, so dass ihn sein Schwiegervater schließlich aus der mexikanischen Filmindustrie herausdrängte, woraufhin er diesen Film komplett in Kuba drehte (was im Nachspann auch noch einmal hervorgehoben wird), dabei allerdings, in bester B-Film-Manier, parallel gleich zwei Filme mit denselben Schauspielern verfertigte. Allerdings ging dann das Geld aus, während zur selben Zeit die Truppen Fidel Castros die Hauptstadt eroberten. Angeblich soll das belichtete Filmmaterial dann in einem Sarg außer Landes geschmuggelt worden sein. Da beide Filme unvollendet waren, behalf er sich damit, dass er Szenen aus dem einen in den anderen Film einfügte. Der Kassenerfolg blieb bei der Premiere 1961 allerdings aus. 2017 war das »Santo«-Jubiläumsjahr, was allerdings nicht bedeutete, dass die Filmrestaurierung auf breite Unterstützung stieß, der mexikanischen Cinematheque war das Ganze zu trivial, um es überhaupt zu zeigen (was sich nach der Einladung zur Berlinale allerdings änderte). Man konnte die Rednerin schon verstehen, wenn sie angesichts dieser wahnwitzigen Geschichten zu dem Schluss kam, die Entstehung des Films sei aufregender als der Film selber.

»Santo vs. Evil Brain« (so der internationale Titel) hat allerdings den Charme klassischer B-Filme, wozu auch gehört, dass wir es gleich mit zwei Maskierten zu tun haben – von Wrestlern ist trotz des entsprechenden Outfits nie die Rede, stattdessen wird »der Maskierte« (Santo kam erst nachträglich ins Spiel) einmal als »bester Mann der Polizei« bezeichnet, ein Undercover-Agent, der allerdings nicht über Superkräfte verfügt, sondern von der Übermacht dreier Gegner auch schon mal ausgeknockt wird. Auch sein erster Auftritt, in einer stillen Seitenstraße, ist nicht gerade starmäßig.

Die Geschichte handelt von einem angesehenen Arzt und Forscher, dem titelgebenden »Evil Brain«, der andere Forscher entführen lässt und eine geheime Formel (es geht um Zellregenerierung) an eine kommunistische Macht verkauft; zudem ist er besessen von seiner Sekretärin, die eigentlich mit seinem Assistenten verlobt ist. Zu den Höhepunkten des Films gehören seine verbalen Ausbrüche wie »Elsa gehört mir!« und »Das können sie mir nicht antun! Mir gehört die Welt!« Wenn Elsa sich am Ende über den sterbenden Schurken beugt, der sie halbherzig um Verzeihung bittet, tut sie das mit einer derartigen Anteilnahme, dass man denken könnte, sie sei tatsächlich in ihn verliebt gewesen. Dass Santo die Kugel des Schurken überlebt hat, erfährt man nur aus dem Gespräch zweier Polizisten – halbherzig ist der Film in vielerlei Hinsicht, eine willkommene Unterhaltung dennoch (zu überprüfen am Samstag, den 24.2., wenn er um 22.30 Uhr im Delphi noch einmal zu sehen ist).

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