Glorious Technicolor: Redskin

Die Technik von Technicolor
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The Black Pirate von Douglas Fairbanks: Der Film wurde 1926 im Technicolor II-Verfahren gedreht. Das bedeutet: In die Farbkamera war ein Strahlenteiler eingebaut, der das Licht in zwei Teilbilder auftrennte, die durch Farbfilter je einem Farbspektrum zugeordnet waren. Aus diesen beiden getrennten Farbinformationen wurden wurden zwei je unterschiedlich farbige Filme entwickelt, die dann aufeinandergeklebt wurden: Vorderseite rot, hinterseite türkisgrün – nun konnte der Projektor zwei Farben auf die Leinwand werfen. Und das hat ja auch sehr wirkungsvoll geklappt in diesem Film, und der Einsatz des Strahlenteilers an sich war schon eine entscheidende Verbesserung gegenüber anderen Verfahren gewesen – weil die Filmfärbung im Dreh- und Kopierprozess ablief und unabhängig war von den Projektoren in den Kinosälen der ganzen Welt (so musste auch beim ersten Technicolor-Prozess die Farbe während der Vorführung von zwei Projektoren aus zusammengemischt werden). Dennoch hatte dieser Prozess technisch eine Menge Unzulänglichkeiten. So war der Filmstreifen – da er aus zwei separaten Filmen zusammengeklebt war – dicker und damit im Projektor viel anfälliger für Kratzer. Und natürlich war dieses Verfahren nicht zukunftsfähig, wie James Layton vom George Eastman House auf dem Eröffnungs-Podiumgespräch der Retrospektive erklärte: Weil das eigentliche Ziel, mit drei Farben das volle Spektrum abzubilden, nicht erreicht werden kann; ein Filmstreifen hat halt nur zwei Seiten.

Also forschte man weiter bei Technicolor – wohlgemerkt: ohne dass dabei Profit herausschlug, der kam erst in den 1930ern, aber die Investoren waren geduldig... Und man kam zum Technicolor III-Verfahren: Das war der Farbdruckprozess, der später zum Durchbruch führen sollte. Zwei Positivfilme werden entwickelt, belichtet mit je einem der beiden Farbspektren, die dann gehärtet, gegerbt wurden; die weichen Teile der Silberfilmbeschichtung wurden ausgewaschen: eine Art Relief entstand dort, wo der Film belichtet worden war, da, wo die grünen bzw. roten Farben den Filmstreifen getroffen haben. Die beiden Relief-Filme wurde als Druckmatrize benutzt, um die Farben auf den Positivfilm aufzudrucken. Ein Kopierprozess, der das eigentliche innere Wesen von Technicolor ausmacht – auch später, ab 1932 im dreifarbigen Technicolor IV-Verfahren, das nun schlicht mit drei Filmstreifen in drei Farben arbeitete.

Technicolor III: Damit war das Kopieren vereinfacht gegenüber dem Aufeinanderkleben von farbigen Filmstreifen, damit war die Zukunftsfähigkeit gesichert. Und auch wenn noch immer nur zwei Farben aufgenommen und wiedergegeben werden konnten, war nun der Grundstein gelegt. Redskin, ein Indianerfilm von Victor Schertzinger von 1929 (deutscher Titel: Rothaut. Der Todeskampf einer Rasse), ist ein Beispiel für einen frühen Technicolor-Erfolg. Wobei im farblichen Effekt der Unterschied zum zweiten Verfahren – das von The Black Pirate – praktisch unmerklich ist, lediglich in der dahinterstehenden Technik steckt der Fortschritt. In Redskin haben wir vor allem rotbraune Erdtöne in der Landschaft von Arizona und Mexiko, auch in den Gesichtern der Indianer – die damit dem Filmtitel alle Ehre erweisen; Grün und kräftiges Rot in den „exotisch“ bunten Gewändern der Navajo- und Pueblostämme.

Schertzinger läuft zweigleisig, zeigt einerseits fast dokumentarisch Gebräuche und Traditionen der Indianer, die im Vordergrund des Films stehen: Kleidung, Feste, Rituale, Traditionen. Und baut zudem eine Spielhandlung ein mit dem sportlichen Darsteller Richard Dix in der Hauptrolle – kein Indianer! – und einer recht hanebüchenen Story um den Navajojungen, der im weißen Erziehungssystem trotz College- und Sporterfolgen stets nur die Rothaut bleibt, zurück bei seinem Volk aber ebenfalls zum Außenseiter gestempelt sieht. Der zudem eine junge Dame aus dem verfeindeten Pueblo-Stamm liebt, bis durch einen glücklichen Ölfund die allseitigen Vorurteile überwunden werden können.

Vielleicht gerade wegen der Einfachheit der Story und der Moral der Toleranz, die erreicht werden muss und kann, sicherlich aber auch wegen der Farb-Sensation war Redskin ein Erfolg – einer, den Technicolor dringend brauchte, auch, weil die großen Hollywoodstudios eher zurückhaltend waren gegenüber dem ästhetisch eben noch unzulänglichen Farbfilm. Wo doch schon der Ton eine Revolution des Kinos bedeutete, zu dieser Zeit!

Zudem war Farbe teuer. Zwei Filmstreifen, aufwändiger Kopierprozess: ein gutes Viertel von Redskin ist in handelsüblichem Schwarzweiß gedreht, nämlich die Schul- und Collegejahre, die damit als grau und trüb gegenüber dem farbenprächtigen Indianerleben dargestellt sind. Die Indianer nämlich werden der ganzen Toleranzmoral zum Trotz als etwas exotisch anderes dargestellt, keine wirklichen Amerikaner, aber etwas, das immerhin respektiert und akzeptiert werden muss. Der Filmtitel ist durchaus als kritischer Kommentar gegen die alltäglich-weiße Ablehnung zu deuten, die Eigenständigkeit und auch die Autonomie der indigenen Bevölkerung werden betont, das mangelhafte weiße Erziehungs- und Bildungsprogramm der Weißen für die Roten wird kritisiert (worin nämlich überhaupt kein Verständnis für Herkunft und Traditionen Platz hat, sondern die reine vollständige Integration, das Einfügen in die weiße Gesellschaft gefordert wird). Zugleich schwelgt der Film auch in exotistischem Voyeurismus, in einer paternalistischen Haltung der Gutmütigkeit von oben herab – und ist insofern nicht nur in Zusammenhang mit Technicolor, sondern auch als Beispiel der filmischen Auseinandersetzung mit Rassismus von großem Interesse.

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