Glorious Technicolor: An American Romance

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Technicolor ist allgemein betrachtet ein Stil der Affirmation und des Eskapismus, mit Musical und Abenteuer, mit Farbenpracht und Glamour ein krasser Gegensatz zur zeitgleichen Schwarzen Serie. Sicherlich liegt diese Tendenz auch daran, dass Technicolor teuer war, für die größeren Produktionen angewandt wurde und damit auch die wirklich große Masse ansprechen musste. Die leuchtenden, kräftigen Farben bieten sich an; und nicht zuletzt sorgte die Firma selbst studioübergreifend für einen gewissen Technicolor-Stil, da sie die gesamte Visualität eines Films in ihrer Hand hatte, von den Kameras über das Kopierwerk, und dazwischen der Einfluss der Farbberater um Natalie Kalmus, die schon in frühem Drehbuchstadium eine eigene Farbpartitur erstellten und Ausstattung, Kostüm, Licht- und Kameraarbeit auf diese Choreographie der Farben abstimmten.

 

Ein glänzendes Beispiel für den grundsätzlich optimistischen, ja patriotischen Ton bietet – nein, eben nicht The Naked Spur und Niagara, sondern An American Romance von King Vidor aus dem Jahr 1944. Darin wird die fiktive Aufstiegsgeschichte eines armen Immigranten gezeigt, von der harten Dreckwegschaufelarbeit im Tagebau über Stahlwerk, Automobilpionier bis zum Flugzeugbauer. Vom Sprachunterricht des Analphabeten zum Industriepatriarchen, mit einer liebe- und verständnisvollen Frau an seiner Seite, die sich stets im Hintergrund hält, Kinder gebärt und dem Mann den Rücken für die Arbeit freihält.

Die Romanze des Filmtitels ist nicht die zu einer Frau, sondern zu Amerika, zum Amerikanischen Traum, zu amerikanischen Werten. Beim ersten Picknick mit Anna bemerkt er ihren Flirt nicht, er denkt weiter, denkt an Stahl, an Pittsburgh, weil zuerst die Arbeit kommt, das Eisen, der Eifer, der Ehrgeiz und der Erfolg. Erst als zweites kommt der Kuss. Seine Kinder tragen die Namen großer Präsidenten; Sohn Teddy Roosevelt erzählt die Geschichte und beschreibt mit dem typischen patriotischen Lehrfilms des 40er Jahre-Lehrfilms die Stahlproduktion, die Autoherstellung, den Flugzeugbau, mit originalen Dokumentaraufnahmen direkt aus der Industrie, die der amerikanischen Nation ihre Stärke verleiht.

 

Das ist alles gar nicht so anstrengend erhaben, wie es klingt; vielmehr mit einigen lustigen Gags und Pointen verziert, lehrreich wie eine Sendung mit der Maus; und zudem ist dieser filmgewordene American Dream in seiner propagandistischen Patriotismuszielrichtung schon wieder so übertrieben, dass man diese Ideologie sowieso nicht ernst zu nehmen braucht. Am Ende fliegen Massen an Bombern über den Himmel, weil Amerika den Japsen mal so richtig…

 

Ein Biographien-Doublefeature mit An American Romance und Citizen Kane würde das Spektrum der Hollywoodproduktionen der 1940er zwischen Kunterbunt und Schwarzweiß schön abdecken.

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