Die Wahrheit der Pappe

Irgendwie kann ich es nicht leiden, wenn Gewalt sinnlos ausgestellt wird. Es gibt Filme, da ist das fraglos nötig, Oliver Hirschbiegels Experiment gehört sicher dazu. Andere, wie Peter Jacksons Bad Taste oder Braindead spielen mit der ironischen Übertreibung, aber meistens machen Gewaltszenen überdeutlich, was man auch verstehen würde, wenn man subtiler mit Blut, Schweiß und Tränen  umgehen würde. In Hirschbiegels neuem Film Elser nun, gibt es beides. Die diskrete Variante, in der sich die Kamera mit der Protokollantin zurückzieht und den Flur entlang schwenkt und die andere, wo sie draufhält bis zum Magenumdrehen. In der stumpfen Wiederholung, Name, Geburtsdatum, Schlag, zeigt sich natürlich die grenzenlose Unmenschlichkeit der Nazis, nicht des Systems, sondern der individuellen Menschen, die es trugen. Aber mit jedem Schlag, den der Film scheinbar auskostet, schadet er auch sich selbst, seiner Botschaft und der Möglichkeit Georg Elser ein Denkmal zu setzen, das der, der in den Geschichtsbüchern im Gegensatz zu den Geschwistern Scholl kaum Erwähnung findet, dringend braucht. Auf dem Flur aber passiert etwas ganz anderes. Während Elser drinnen schreit, fährt die Kamera langsam an den Fenstern entlang, nimmt die darunterliegenden Heizungen ins Bild und zeigt dann, auf der oberflächlichen Blick des Zuschauers vertrauend, ein mit weißer Pappe abgeklebtes modernes Thermostat. Und schon ist die Illusion des Jahres 1939 dahin.       

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