Der folgende Artikel stammt aus dem epd-Archiv, wir bitten die reduzierte Darstellungsweise zu entschuldigen
  Nur konvertiert: Mit „Kampf der Titanen“ setzt sich ein fragwürdiger 3D-Trend fort

Sam Worthington
© Warner

„Avatar“: 2,7 Milliarden Dollar. „Alice im Wunderland“: 733 Millionen Dollar. „Ice Age 3“: 883 Millionen Dollar. „Drachenzähmen leicht gemacht“: über 200 Millionen Dollar in weniger als zwei Wochen. Die weltweiten Einspielergebnisse der 3D-Filme klingen fantastisch, kein Wunder dass die großen Studios sie zunehmend als sichere und ergiebige Einnahmequelle sehen und dabei auch keine Rücksicht auf technische Feinheiten nehmen. Denn nicht alle der 3D-Filme wurden auch in 3D gedreht, viele – wie jetzt auch „Kampf der Titanen“ – werden nachträglich konvertiert. Darunter leidet oft nicht zuletzt die visuelle Qualität der Filme.

Ganz auf dem Höhepunkt der Technik möchte Warner Brothers mit dem Remake „Kampf der Titanen“ von Louis Leterrier sein – es wurde in 2D aufgenommen, vom Studio aber nachträglich und in einem Arbeitsprozess von nur zehn Wochen in 3D konvertiert. Trotz der hohen Kosten von bis zu 100.000 Dollar pro Minute war das Verfahren kommerziell gesehen wohl ein Erfolg: 61,4 Millionen Dollar (über 45 Millionen Euro) hat „Kampf der Titanen“ am Startwochenende in Nordamerika eingespielt, es ist der erfolgreichste Start eines Films am Osterwochenende überhaupt, dazu kommen noch einmal 44 Millionen Dollar an weltweiten Einnahmen.

Ob die Entscheidung auch künstlerisch die richtige war, darf dagegen bezweifelt werden. Regisseur Louis Leterrier war jedenfalls dagegen, dass man seinem Film in der Post-Produktion noch ein 3D-Gewand übergestülpt hat. Doch der Vorteil des Verfahrens, dass der Film nicht mit teuren 3D-Kameras aufgenommen werden muss, an der Kinokasse momentan aber dennoch vom 3D-Boom profitieren kann, war den Verantwortlichen offenbar Grund genug, eine Konvertierung zu wagen. Damit sind sie nicht die Ersten, auch Tim Burtons „Alice im Wunderland“ wurde in 2D aufgenommen und dann nachträglich in Disney Digital 3-D übertragen. Als Begründung für die Entscheidung dienten auch hier die hohen Kosten von 3D-Kameras sowie die höhere Flexibilität, die Filmemacher beim herkömmlichen Aufnahmeverfahren hätten. Doch im Gegensatz zu „Kampf der Titanen“, entstand „Alice im Wunderland“ zum Großteil im Computer, fast 90 Prozent der Dreharbeiten fanden vor einem Green Screen statt, die Schauspieler wurden über das Motion-Capture-Verfahren aufgenommen.

Ähnlich wie bei den beiden Pixar-Produktionen „Toy Story“ und „Toy Story 2“, die im Sommer noch einmal in 3D in die Kinos kommen,  bestehen Figuren und Kulissen also von vornherein aus digitalen dreidimensionalen Modellen, auf die man beim Konvertierungsprozess zurückgreifen kann. Das ist bei herkömmlichen Spielfilmen nicht der Fall, „Kampf der Titanen“ wurde an Schauplätzen in Teneriffa und Wales gedreht, hauptsächlich bei den Monstern wurde digitale Animation verwendet. Für den Rest müssen beim Konvertierungsverfahren Umgebung und Figuren erst aufwendig als Polygonmodelle rekreiert werden. Mit Hilfe von Polygonen (Vielecke) können in der Computergraphik dreidimensionale Drahtgittermodelle erstellt werden, die Möglichkeiten bei einer Übernahme von 2D-Filmen sind aber begrenzt. Das Resultat: Ein gewisser Tiefeneindruck ist vorhanden, und auch der beliebte Effekt, wenn Gegenstände aus der Leinwand herausspringen, ist noch möglich, doch gerade nicht digital eingefügte Figuren und Objekte wirken flach wie in einem Bilderbuch zum Aufklappen. Was in 3D den seltsamen Effekt hat, dass die Animationen manchmal realer aussehen als die Schauspieler: Während digital animierte Wesen wie die riesigen Skorpione oder die schlangenköpfige Medusa relativ plastisch wirken, haben die menschlichen Darsteller in manchen Szenen den Anschein von Pappaufstellern.

Für die Studios reicht aber offensichtlich die Aussicht auf kommerziellen Erfolg um auf das Verfahren zu vertrauen, für die nächste Zeit sind etliche weitere 3D-Konvertierungen geplant, darunter Michael Bays „Transformers 3“, der Mitte 2011 in die Kinos kommen soll. Ob die Zuschauer den Unterschied zwischen echtem und konvertierten 3D allerdings tatsächlich nicht erkennen, oder ob sich visuelle Qualität auf Dauer durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Im amerikanischen Branchenmagazin „Hollywood Reporter“ äußerten Experten bereits die Befürchtung, schlechte und hastig erstellte 3D-Konversionen könnten den Anfang vom Ende des Booms darstellen. Der Erfolg von „Kampf der Titanen“ beruht jedenfalls nicht allein auf 3D: Nur rund die Hälfte der Karten wurde für die 3D-Version gelöst, deutlich weniger als etwa bei „Avatar“, der seinen Erfolg zu bis zu 80% der dreidimensionalen Variante zu verdanken hatte. Grund dafür ist aber vor allem, dass die 3D-Leinwände der nordamerikanischen Kinos zum Großteil noch mit „Drachenzähmen leicht gemacht“ und „Alice im Wunderland“ belegt sind.

Anstatt schnell auf den neuesten Techniktrend aufzuspringen hätte man aus künstlerischer Perspektive vielleicht auch einfach das Original genauer studieren müssen: Als das 1981 in die Kinos kam, waren die vom legendären Ray Harryhausen gestalteten Stop-Motion-Trickeffekte schon leicht angestaubt. Dem Erfolg des Films tat das aber keinen Abbruch: Bei einem geschätzten Budget von 15 Millionen Dollar spielte er seinerzeit immerhin über 41 Millionen Dollar ein. Im Gegensatz zu der pathetischen und militär-affinen Inszenierung von Leterrier setzte Desmond Davis, der Regisseur des Original-„Kampf der Titanen“ eher auf hemdsärmeligen Charme und leichte Romantik als auf Action und Effektüberfluss. Seine Götter tragen Toga statt Rüstung, statt eines Krieges zwischen Menschen und Göttern dreht sich der Film eher um eine tragische Liebesgeschichte und statt dem digital überarbeiteten Hades (Ralph Fiennes/Foto) sitzen im Götterrat vor allem weibliche Gottheiten (unter anderem Ursula Andress), die ihre Intrigen gegen Zeus spinnen, zum Leidwesen der Menschen auf der Erde, die den Launen ihrer Götter hilflos ausgeliefert sind.

Alexander Pfaehler