Der folgende Artikel stammt aus dem epd-Archiv, wir bitten die reduzierte Darstellungsweise zu entschuldigen
  Die wilden Hühner

Eine neue Cornelia-Funke-Verfilmung

© Fotos: Constantin

Cornelia Funke kann eigentlich schreiben was sie will, es gelingt ihr immer, eine Welt zu entwerfen, die nah dran ist an den Emotionen ihrer Leser, egal ob in Funkes realistischen oder den fantastischen Büchern. „Die wilden Hühner“ gehören zu ihren leider eher rar gestreuten Geschichten, die die reale Welt der Kinder beschreibt, mit allen positiven und negativen Begleitumständen. Der Film von Vivian Naefe setzt dies fast eins zu eins um: Da gibt es die arbeitslose Taxifahrerin – liebevoll chaotisch dargestellt von Veronica Ferres –, die versucht, ihrer Tochter Sprotte eine gute Mutter zu sein. Sprotte ist der Mittelpunkt der wilden Hühner, die andern vier Mädchen ergänzen das Tableau realer Kinderschicksale ganz zwanglos. Die dicke Trude, Melanie, die wegen der Arbeitslosigkeit ihres Vaters in eine kleinere Wohnung umziehen muss oder Wilma, die nur gute Noten mit nach Hause bringen darf. Selbstverständlich darf eine Jungsbande als Kontrast nicht fehlen. Und ausgerechnet die muss helfen, als die Maskottchen der „wilden Hühner“, betagte Hennen, geschlachtet werden sollen.

Güzin Kar und Uschi Reich als Drehbuchautoren haben sich ganz eng an die Buchvorlage „Die wilden Hühner – Fuchsalarm“ gehalten, bis in die Dialoge hinein haben sie Funke übernommen. Das spricht für die Autorin denn: besser geht’s nicht.

Ein eigener Zugang ist Vivian Naefe in Form von Rückblenden gelungen, die einen Einblick geben in die Biographien der Kinder, aus dem Off kommentiert vom Oberhuhn Sprotte. So entwickelt die Story eine Dynamik, die dem Ganzen einen angemessenen Rhythmus verpasst und den heutigen Sehgewohnheiten der Kinder durchaus entgegenkommt.

 

Sind die Kindercharaktere im Buch den Fantasien der Leser überlassen, wirken sie auf die Leinwand gebracht jedoch sehr hölzern und plakativ. Es ist leider nicht gelungen, den einzelnen Typen die nötige Tiefe zu verleihen. Zu oft hinterlassen sie den Eindruck einstudierter Gesten und aufgesagter Texte. Neun Kinder am Set zu dirigieren mag schwierig sein, ist aber Voraussetzung, ein solches Projekt realisieren zu können. So scheitern Die wilden Hühner leider am Wesentlichen. Den jungen Darstellern hätte man gewünscht, dass sie die Chance bekommen, ihren Rollen mehr Authentizität zu verleihen um die Zuschauer wirklich mit zu reißen.         

Katrin Hoffmann

Die „wilden Hühner“ und eine Jungsbande: ein sich eng am Buch orientierender Film, mit einer starken Besetzung der Erwachsenenrollen. Die Kinderdarsteller finden leider nur zögernd ins Spiel. Keine Rolle bietet echte Identifikation, und somit verflacht die Story zu einer nacherzählten guten Buchvorlage.

Deutschland 2005. R: Vivian Naefe. B: Güzin Kar, Uschi Reich (nach dem Roman „Fuchsalarm“ von Cornelia Funke). P: Uschi Reich, Peter Zenk. K: Peter Döttling. Sch: Hansjörg Weißbrich. M: Annette Focks. T: Wolfgang Wirtz. A: Susann Bieling. Ko: Gabriela Reumer. Pg: Bavaria/Lunaris/ Odeon/Constantin/ZDF. V: Constantin. L: 108 Min. Da: Michelle von Treuberg (Sprotte), Lucie Hollmann (Frieda), Paula Riemann (Melanie), Zsa Zsa Inci Bürkle (Trude), Jette Hering (Wilma), Jeremy Mockridge (Fred), Vincent Redetzki (Willi), Philip Wiegratz (Steve), Veronica Ferres (Sibylle), Doris Schade (Oma Slättberg), Jessica Schwarz (Frau Rose), Axel Prahl (Willis Vater).

epd Film 2/2006



Start: 9.2. (D), 10.2. (A)